Foz do Iguaçu/Brasilien 5787 sm von Stavoren/NL
8.06. – 9.06.2018
Bevor wir unseren Heimaturlaub in Deutschland antreten, machen wir noch einen Abstecher zu den Iguaçu Wasserfällen, den größten Wasserfällen der Erde. Das Wort Iguaçu kommt aus der indianischen Sprache und bedeutet „Großes Wasser“. Breiter als die Victoria-Fälle in Afrika und höher als die berühmten Niagara-Fälle in Nord-Amerika, stürzen 20 größere und 255 kleinere Wasserfälle auf einer Ausdehnung von 2700 m Breite und mit einer Höhe von bis zu 82 Metern in die Tiefe. Die Anzahl der Fälle und die herabstürzenden Wassermengen variieren je nach Jahreszeit. Die meisten Fälle liegen in Argentinien und lassen ein hautnahes Erlebnis zu. Den größeren Panoramablick hat man von der brasilianischen Seite. Damit fangen wir an.
Von Salvador aus fliegen wir, mit Umstieg in Rio de Janeiro, nach Foz do Iguaçu/Brasilien. Es ist schon dunkel und schweinekalt (damit meine ich deutlich unter 10 Grad), als wir im Iguassu Eco Hostel ankommen. Die Rezeption ist in einem gemütlichen Aufenthaltsraum integriert. Das prasselnde Feuer im offenen Kamin verströmt wohlige Wärme. Mit gefüllten Teigtaschen und einer Flasche Bier setzen wir uns zu den meist jungen Backpackern, die international zusammengewürfelt sind. In unserem einfachen aber zweckmäßig eingerichteten Zimmer versuchen wir aus der an der Wand hängenden Klimaanlage Wärme hervorzubringen. Irgendwie funktioniert das Teil nicht wie es soll und wir kriechen bibbernd, mit Socken und in unsere Fleecejacken eingemummelt unter das dünne Bettlaken, auf dem eine etwas wärmespendende Wolldecke liegt. Immerhin 🙂 ! Für morgen werden wir mehr Decken ordern.
Das Hostel liegt in einem großen wunderschönen Garten. Hängematten laden zum Entspannen ein und an großen Bananenstauden wachsen kleine schmackhafte Früchte. Der nett eingerichtete Frühstücksraum ist in einem separaten Gebäude untergebracht. Das Frühstück ist, für den kleinen Preis den wir für unser Zimmer zahlen, erstaunlich gut. Bei den nicht sommerlichen Temperaturen läd ein kleiner Pool mit Sonnenliegen nicht wirklich zum Baden ein.
Der Eingang zum Nationalpark liegt lediglich 10 Minuten Fußweg vom Hostel entfernt. Ein Shuttlebus bringt uns zum ersten Aussichtspunkt und dem Beginn des Wasserfallpfades. Empfangen werden wir von südamerikanischen Nasenbären, von denen große Populationen im gesamten Nationalpark umherstreifen. Die gefräßigen Langnasen sind auf ständiger Nahrungssuche, plündern Mülleimer und werden teilweise sehr aufdringlich. Ein Tierchen verschwindet kopfüber im Stoffbeutel, den Walter um die Schulter gehängt hat. Etwas zu fressen sucht es dort vergeblich.
Bei Sonnenschein und relativ wenigen Touristen (Nebensaison 🙂 ) genießen wir das beeindruckende Naturschauspiel entlang des Pfades.
Der „Teufelsschlund“ ist der größte der 275 Wasserfälle, die zusammen die Iguaçu-Fälle bilden. Er markiert die Grenze zwischen Brasilien und Argentinien. Mit tosendem Lärm stürzen die unfassbaren Wassermassen in die Tiefe. Der feine aufsteigende Sprühnebel spannt, im Zusammenspiel mit dem Sonnenlicht, schillernde Regenbögen über das beeindruckende Spektakel.
Den noch verbleibenden Rest des Nachmittags verbringen wir im Vogelpark (Parque de Aves), der direkt gegenüber des Nationalparks liegt. Hier ist die Tierwelt Brasiliens und Lateinamerikas in natürlicher Umgebung zu bestaunen. Auf einem Holzpfad spazieren wir durch den Park, vorbei an Papageien
und den rosafarbenen Flamingos mit ihrem mageren Hals und den dünnen Stelzen. Ich mag die exotischen Vögel, die anscheinend dauermüde und gelangweilt auf einem Bein herumstehen.
Wir kommen an einem direkt am Wegesrand sitzenden Tukan vorbei, der mit seinem gewaltigen bunten Schnabel zum Symbol für die bunte Exotik des Amazonas-Regenwaldes geworden ist. Ein schwarzer Vogel mit frischer Dauerwelle 🙂 und ein Weißstirnguan beobachten das Geschehen auf dem Pfad mit gebührendem Abstand.
Bromelien, die Überlebenskünstler mit ihren trichterförmig angeordneten bunten Blattrosetten, haben sich an Ästen und Baumstämmen zu schönen Formationen angeordnet.
Eine dicke Schildkröte nagt genüsslich an einem Blatt und Wasserschildkröten genießen die warmen Sonnenstrahlen in Gesellschaft von zwei teilnahmslos dreinblickenden Alligatoren.
Die Kronenkraniche gelten als die Könige der Vögel. Mit ihrer in der Sonne strahlenden Federkrone, dem samtig-schwarzen Dutt auf dem Kopf und dem schönen farbigen Gefieder sind sie eine richtige Augenweide. Die himmelblauen Augen haben es mir besonders angetan. Wenn sie sich mögen, wie das verliebte Pärchen hier im Park, gehen sie eine Ehe fürs Leben ein.
Bunte Schmetterlinge freuen sich über die appetitlich angerichteten Obstteller.
In speziellen begehbaren Volieren für Aras hat man die seltene Gelegenheit, die symbolträchtigen Vögel Brasiliens aus nächster Nähe zu betrachten.
Wir verzichten darauf uns in die lange Schlange am Ende des Pfades einzureihen, um mit einem zahmen Ara auf einem Foto verewigt zu werden.
„Itaipú Binacional“ und Weiterfahrt nach Argentien
10.06.2018
Bevor wir zu den Wasserfällen auf die argentinische Seite wechseln, wollen wir uns auf jeden Fall Itaipú, das Kraftwerk mit der größten Jahresenergieproduktion der Erde, anschauen, welches nördlich der brasilianischen Stadt Foz do Iguaçu liegt. Die chinesische „Drei-Schluchten-Talsperre“ am Yangtze hat zwar eine höhere installierte Leistung als Itaipú, erzeugt aber nicht soviel Energie wie das südamerikanische Kraftwerk.
Mit einem Taxifahrer handeln wir einen akzeptablen Preis für die Fahrt dorthin und dem anschließenden Transport über die Grenze, in die nahe liegende argentinische Kleinstadt Puerto Iguazú, aus. Während der zweistündigen Panoramafahrt mit dem Bus wartet unser Fahrer geduldig auf dem Parkplatz.
Bevor die Rundfahrt beginnt, informiert ein kleiner Filmbeitrag über den Bau und die Leistungsdaten des Kraftwerks. Es ist ein Gemeinschaftsprojekt von Paraguay und Brasilien. Die beiden Staaten (daher der Name “Binacional”) starteten im Jahre 1966 mit den Verhandlungen, einen der wasserreichsten Flüsse der Welt, den Paraná zur Stromerzeugung zu nutzen und damit den immensen Energiebedarf der Region Sao Paulo und des südlichen Brasiliens zu decken. Eine naheliegende Alternative zur Energieunabhängigkeit, da Brasilien keine Kohle und nur sehr wenig Erdöl hat. 75 Prozent des Energiebedarfs in Paraguay werden von Itaipú abgedeckt. Im Jahre 1975 wurde mit den Arbeiten begonnen und das Bauwerk im Jahre 1982 beendet, die 18. Turbine wurde 1991 fertiggestellt. 2007 wurden noch 2 weitere Generatorensätze installiert, die nur bei Ausfällen kompensieren sollen und nicht ständig laufen. Genau durch die Mitte der 20 Generatoren geht die Staatsgrenze von Paraguay und Brasilen. Alle Bereiche sind paritätisch mit Personal aus beiden Ländern besetzt.
Seit 2005 beträgt die Nennleistung 14000 Megawatt. Der Rekord bei der Gewinnung elektrischer Energie wurde im Jahr 2006 mit 103 Terrawattstunden erreicht. Das Regelarbeitsvermögen beträgt 95 Terrawattstunden, bei einem Wasserdurchfluss von 10500 m³/s (10,5 Millionen Liter Wasser pro Sekunde 😉 ). Der Kernreaktor mit der höchsten Jahresproduktion weltweit, „Isar2“, liefert zum Vergleich lediglich 12,4 Terawattstunden.
Zur Hochwasserregulierung gibt es einen Überlauf mit 14 Schleusen, wobei jede Schleuse eine höhere Kapazität pro Sekunde hat wie die kompletten Iguaçu Wasserfälle. Alle 14 Schleusen zusammen wurden aber bisher nur ein einziges Mal geöffnet und das auch nur zu PR-Zwecken.
Mit dem Itaipu-Staudamm wird der südwärts fließende Fluss Paraná aufgestaut. In den Paraná fließt der nicht weit von Curitiba entspringende Rio Iguacu, der am Dreiländereck Brasilien-Argentinien-Paraguay in den Paraná mündet. Der Stausee ist mit einer Oberfläche von 1350 km² zweieinhalb mal größer als der Bodensee und 250 km² größer als unser altes holländisches Wochenendsegelrevier Ijsselmeer. Interessanterweise hat das Kraftwerk Itaipú nur den achtgrößten Stausee in Brasilien!
Die saubere Energieerzeugung durch Wasserkraft hat nicht nur schöne Seiten. Die natürlichen Bedingungen für Mensch und Tier haben sich stark verändert, auch wenn die Relation zwischen dem Eingriff in die Natur und dem Nutzen aufgrund der produzierten Energiemenge bei Itaipu im Vergleich zu anderen Wasserkraftwerken günstiger ist. Einige Tausend Ureinwohner verloren ihre Heimat, insgesamt mussten etwa 40.000 Menschen – vor allem Guarani-Indianer – umgesiedelt werden. Im Bereich des Stausees wurden etwa 1000 km² Regenwald, sowie auch die Wasserfälle „Sete Quedas“, dauerhaft überflutet. Diese standen in ihrer Pracht denen von Iguazú in nichts nach. Es rauschte sogar eine viel größere Wassermenge in die Tiefe. Von den 34.000 Arbeitern, die an der gigantischen Baustelle beschäftigt waren, kamen 145 bei den Arbeiten ums Leben.
Nach der eindrucksvollen Besichtigungsfahrt steht unser Taxi bereit und bringt uns über die nahe liegende brasilianisch-argentinische Grenze. Unsere Reisepässe werden schnell und problemlos mit Ausreisestempel versehen und kurz danach haben wir unser Hostel „Iguazú Falls“ in Puerto Iguazú erreicht. Von hier aus starten wir morgen die Besichtigung des Nationalparks auf der argentinischen Seite.