20.11.2019 Position: 47° 36′ S, 60° 06′ W 23:04 UTC 1095 sm
Kein Sturm im Wasserglas
Die letzte Nacht hat es ordentlich gestürmt in unserer Parktasche. Wir sind vorbereitet von Tilmann, unserem Mann fürs Wetter aus Krefeld, der einen bewundernswerten Job macht. Wetter für diese Breiten auf der Südhalbkugel zu interpretieren ist eine Herausforderung. Spätestens alle drei Tage ist ein neues Tief im Anmarsch. Die Stärke des Tiefs, der Luftdruck im Kern des Tiefs und die Zugbahn bestimmen das Wetter.
Tilmann meinte, dass er im nächsten Leben Meteorologe würde, dann bräuchte er nur einen Würfel. Bevor es losgeht starten wir nochmal den Motor um ausreichend Energie für die Nacht zu haben. Der Wind nimmt kontinuierlich zu. Die Wellen werden höher. Sie donnern nicht wie erwartet gegen den Rumpf, sondern heben die ALOMA sanft an rollen unter ihrem Bauch hindurch und setzen sie wieder sanft ab.
Wir stimmen uns frisch geduscht (jetzt geht es noch) und mit Musik auf die bevorstehende Sturmnacht ein. Gegen Mitternacht hört es mit der Gemütlichkeit auf. Die 50er Böen kommen wie angesagt. Nur sind die Böen keine Böen, sondern sind bis zum Morgen der Grundwind, unterbrochen nur von kurzen Zeiträumen mit weniger Wind (35 kn). Die Wellen haben eine Höhe von 4 m erreicht und heben die ALOMA weiterhin auf und ab. Nur ganz selten knallt eine gegen den Rumpf. Die Geschwindigkeit schwankt laut GPS zwischen 0,5 kn und übersteigt manchmal 6 kn. Unheimlich! Als wenn wir nicht genug mit unserer Situation zu tun hätten, umkreisen uns schon wieder drei asiatische, vermutlich chinesische, Fischfabriken. Einer ist verdammt nah direkt in unserer Kiellinie, mit ausgeschaltetem AIS. Nur auf dem Radar und durch unser Salonfenster zu sehen, wenn es die Wellen zulassen. Er funkt uns an und ist gerade mal in der Lage Aloma zu rufen. Seinen Schiffsnamen nennt er nicht. Ansonsten brabbelt er nur unverständliches Zeug. Walter versucht ihm mehrfach begreiflich zu machen, dass wir beigedreht haben und driften. Er gibt Gas und fährt aus der Gefahrenzone hinaus. Jetzt müssen wir noch die zwei anderen Kähne beobachten, auf die wir zudriften. Der eine ist nur auf dem Radar zu sehen, der andere hat AIS. Den funkt Walter an. Nach drei Versuchen meldet sich jemand. Da wieder kein Bootsname genannt wird, ist völlig unklar wer sich meldet. Von dem was er sagt verstehen wir kein Wort. Glücklicherweise driften wir problemlos zwischen beiden hindurch. Um 11:30 UTC hat der Wind auf 6, in Böen 8 Bft abgenommen. Wir starten mit einer stark gerefften Genua 3 Richtung Falklands. Die signifikante Wellenhöhe liegt um die 4 m, manche sind deutlich höher. Mit 6 kn pflügen wir durch den aufgewühlten Südatlantik. Unser hydraulischer Autopilot steuert wieder nach Wind und macht einen guten Job. Wir werden vermutlich Samstag Morgen auf den Falklands eintreffen.
LIEBER SVEN!
ALLES GUTE ZUM GEBURTSTAG WÜNSCHEN DIR AUS DEM SÜDATLANTIK DIE ALOMAS