Die Biskaya die hat Zähne – 426 sm – 66 h

biskaya01Am Morgen stehen wir frühzeitig auf, um die letzten Wettermeldungen einzuholen. Alles unverändert, es  ist eine stabile O-NO Wetterlage mit 5-6 Bft und Böen von maximal 6 Bft für die nächsten 4 Tage angesagt. Nach einem guten Frühstück machen wir das Boot startklar. Beim Einschalten unseres Kartenplotters (B&G Touch 8″) entwickelt dieser ein geister-haftes Eigenleben. Menüs erscheinen und verschwinden wieder, der Bildschirm reagiert nicht auf Berührung. Auch Aus- und wieder Einschalten (hat bisher immer geholfen) bringt keine Änderung. Also versuchen wir es mit einer Kalibrierung des Bildschirms aber auch dies erfolglos. Jetzt bleibt nur noch die Zurückstellung auf die Werkseinstellungen. Während unserer Aktionen fährt ein Schiff des „douane francaise“ vor. Aus den  Augenwinkeln sehen wir, wie ein Schlauchboot zu Wasser gelassen wird und ahnen schon was kommt. Es  legt direckt hinter uns an und fünf französische Zollbeamte fragen höflich, ob sie an Bord kommen dürfen. Dürfen sie natürlich! 😉

Ausweispapiere und Bootspapiere werden kontrolliert, Fragen gestellt, Schränke und Kisten geöffnet und inspiziert. Im Gespräch mit den Beamten erfahren wir, dass es eine reine Routinemaßnahme ist, die Aloma zurzeit als einziges nicht französisches Segelschiff auf dieser Route unterwegs ist und wir dadurch grundsätzlich verdächtig sind. An Bord ist alles in Ordnung und dies wird uns in einem Formular bestätigt. Können wir jetzt immer vorzeigen 😉 .

Nachdem wir an Bord  Ordnung geschaffen haben, wenden wir uns wieder dem Kartenplotter zu. Das Reset scheint im gut bekommen zu sein und auch die Bildschirmkalibrierung funktioniert jetzt einwandfrei. Hoffen wir das Beste. Leider sind jetzt alle Wegpunkte und Routen verschwunden und müssen neu eingegeben werden. Das dauert! Um 12 h starten wir endlich mit zweistündiger Verspätung zur Biskaya Querung. Wind gibt’s zunächst mal keinen und erst als wir den „Chaussee de Seine“ Backbord querab haben, können wir die Segel setzten. Obwohl schon recht weit vor der Küste klingelt das Handy und Michael Matzerath (baut in Düren Aluyachten) ruft an. Hat bei Marinetraffic gesehen, dass wir gestartet sind und wünscht uns eine gute Fahrt. Michael hat uns bei der Vorbereitung unseres Projekts immer wieder unterstützt.

Wieder begleiten uns Delfine in die einsetzende Dunkelheit.

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Und die wird dunkel. Kein Mond, keine Sterne sind zu sehen und das Boot wird von einer pechschwarzen Nacht eingehüllt. Der Wind nimmt stetig zu und erreicht schnell 6 Bft, in Böen bis 30 kn. Gut das wir im Hellen noch das zweite Reff ins Groß eingebunden haben. Das Großsegel wird bei der Aloma am Mast gerefft. Mit den richtigen Arbeitsschritten geht das schnell und unkompliziert. Die große Rollgenua haben wir stark eingerefft. Trotz kleiner Segelfläche sind wir bei raumem Wind mit bis zu 10 kn (Welle runter) schnell unterwegs. Auch die Wellenhöhe nimmt stetig zu und liegt jetzt bei etwa 3 m. Und dann passiert’s. Unser Autopilot, der nach Wind steuert ist überfordert, das Boot läuft aus dem Ruder und halst, ehe wir eingreifen können. Beide Segel stehen back. Wir starten den Motor und bringen das Boot wieder auf Kurs. Jetzt wird die Genua auf Handtuchgröße eingerollt.

Unser bewährter Wachrhythmus sieht wie folgt aus. Bis 20-21 Uhr (im Augenblick UT) sitzen wir meist beide im Cockpit. Die Skipperin sorgt noch für Verpflegung und legt sich dann hin. Um 24 Uhr ist Wachablösung und der Skipper ist dann wieder von 4-8 Uhr im Einsatz. Verpflegung ist im Augenblick nur eingeschränkt möglich. Heiße Getränke oder Suppen können ohne akute Verbrühungsgefahr weder zubereitet noch zu sich genommen werden und das bleibt auch für den Rest der Fahrt so. Wir erleben die berüchtigte Biskaya-Welle, die alles andere als angenehmes Schaukeln verursacht. Immer noch besser als bei Flaute motoren, wie in vielen Segelblogs zur Biskaya Querung zu lesen ist.

Am nächsten Vormittag wechseln wir auf eine stark gereffte Genua 3 und starten den Motor für eine gute Stunde, um unsere LiFePo4 Batterien nachzuladen. Die Lichtmaschine liefert in der Zeit über 150 Ah, ausreichend für die nächsten 24 Stunden. Wenn demnächst unser Wassergenerator (SailingGen) in Betrieb ist,  kann hoffentlich beim Segeln auf den Motoreinsatz ganz verzichtet werden.

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biskaya07Heute ist Sonntag der 1. Advent, wir haben kontinuierlich 6 Bft aus O-NO in Böen mehr und die See ist entsprechend. Die Nächte sind lang (etwa 15 Stunden Dunkelheit) und kalt. Wir müssen uns die Biskaya hart erarbeiten, bekommen sie nicht geschenkt. Dafür sparen wir Diesel 🙂 .

Der Sonntag und die folgende Nacht verlaufen ohne weitere Ereignisse und wie auf Schienen geht’s schnell voran. Unsere Durchschnittsgeschwindigkeit ist nach langsamen Start, inzwischen auf 6,7 kn angewachsen. Wir haben die letzten beiden Tage etwas mehr West gemacht als für den direkten Weg nach A Coruna notwendig.

Am Montag Morgen begrüßen uns die spanischen Küstengewässer mit Sonnenschein.

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Nun ist die Entscheidung erforderlich, ob wir A Coruna anlaufen oder weiter an die spanische Westküste fahren. Über unser inReach SE (Text-Kommunikation über Iridium-Satelliten) kontaktieren wir unsern Wetterfrosch Tilmann und entscheiden uns dann noch um das Kap Finisterre zu gehen. Wir fallen weiter ab, zu weit und unser Autopilot fährt wieder eine Halse. Das 12 mm Tau, welches den Umlenkblock des Bullenstanders hält, hat sich durchgescheuert und reißt. Nur der maximal in Lee stehende Traveller verhindert, dass der Großbaum gegen die luvseitigen Unterwanten schlägt. Schnell ist das Boot wieder auf Kurs gebracht und das Großsegel geborgen. Dabei stellen wir fest, dass beide Kopfbrettrutscher ihre Füße verloren haben. Bei solchen Bedingungen werden wir zukünftig nur unter Vorsegeln fahren. Gerefft ist das Großsegel so nicht mehr einsetzbar und die Entscheidung, den nahe gelegenen spanischen Hafen Portosin anzulaufen, fällt entsprechend leicht. Nahe liegend heißt noch etwa 10 h aushalten. Bis zum Kap Vilan nimmt der Wind sogar noch zu (Kapeffekt) und erst kurz vor dem Kap Finisterre (das Ende der Welt) wird Mr. Yanmar für die letzten 25 sm gestartet. Gegen 5:30 h laufen wir in den Hafen Portosin im Ria de Muros ein. Die Ansteuerung eines fremden Hafens im Dunkeln sorgt bei der Crew (BaTi ausgenommen 😉 ) immer für eine gewisse Anspannung. Nach einem Orientierungskreisel legen wir am Wartesteiger der Marina Portosin längsseits an. Die Biskaya ist erfolgreich gequert und wir sind überglücklich. Nach drei Tagen erstmal raus aus den Klamotten, im Boot heiß geduscht und ausgedehnt gefrühstückt. Die Bordfrau verschwindet in die Koje und der Skipper sucht das Hafenbüro auf.

Danke auch für eure anteilnehmenden Kommentare. Die Fotos werden übrigens von der Bordfrau mit einer älteren Canon PowerShot S80 gemacht und für den Blog mit Irvanview reduziert und komprimiert.