Dauerlieger in Portosin – Galicien

Portosin: 29.11. – 11.12.2016

Sooo lange wollten wir eigentlich nicht bleiben. Zehn Tage liegen wir jetzt in Portosin und warten auf passenden Wind für die Weiterfahrt nach Süden. Für das Warten hätten wir aber keinen besseren Ort finden können. Carmela, die unglaublich nette Seele des Real Club Nautico Portosin, nimmt uns freundlich in Empfang und versorgt uns mit allen Informationen und Wissenswertem zur Marina sowie Portosin und Umgebung. Zunächst verlegen wir die Aloma vom Meldesteiger in eine große Box, die auch für ein 20 m Boot reichen würde.

Am nächsten Tag legt noch ein französischer Einhandsegler mit einer 10 m langen Feeling in der Marina an. Leider kommt keine richtige Unterhaltung zustande, da der Franzose nur perfekt französisch spricht. Die Marina ist gut ausgestattet. Waschmaschine und Wäschetrockner werden von uns umgehend bestückt. Carmelas Tipp ist das Club-Restaurant im Obergeschoss des Marinagebäudes mit schönem Ausblick auf die Marina und den Ria de Muros. Hier gibt es von Montag bis Freitag ein drei Gang Menü für 9 € inklusive einem Bier/Wein und Espresso. Bei überdurchschnittlicher Qualität werden wir hier zu Stammgästen.

Menü 1. Gang

Haben wir auch mit dem Wind für die Weiterfahrt bisher kein Glück, so werden wir mit Sonne und frühlingshaften Temperaturen entschädigt. Portosin ist ein kleines Örtchen mit knapp 700 Einwohnern und wenig Charme aber ein guter Ausgangspunkt für Ausflüge in die Umgebung. Das ist daher die Gelegenheit unsere Fahrräder auszupacken. Da wir nicht ins Gelände wollen, montieren wir Straßenbereifung auf die Cyclocrosser. Nach monatelanger sportlicher Abstinenz ist die erste Tour moderat an der Küste entlang Richtung Ribeira am Ria de Arousa geplant. Dazu muss man wissen, dass die Rias eine geologische Besonderheit Galiciens sind. Es sind lange, fjordähnliche Flussmündungen, die ins Meer reichen. In den Rias mischt sich das Süßwasser der Flüsse mit dem Salzwasser des Atlantiks. Hier wachsen Meeresfrüchte und Muscheln besonders gut. Zur Miesmuschelzucht werden Bateas, etwa 40 mal 40 Meter große quadratische Flöße aus Eukalyptusholz, mit langen Nylonseilen versehen, an denen die Muscheln wachsen. Mit mehreren 100.000 Tonnen Muscheln im Jahr ist Galicien der größte Miesmuschelproduzent Europas und weltweit der zweitgrößte nach China.

Das moderate Einfahren wird dann auch anstrengender als gedacht, geht es doch immer in den nächsten Ort auf Meereshöhe und dann wieder über den nächsten Hügel zum nächsten Ort. So reiht sich Hügel an Hügel und Höhenmeter an Höhenmeter. Wir drehen schon vor Ribeira wieder um und erreichen noch im Hellen die Marina. Die nächsten Tage machen wir noch drei weitere Radtouren und sind von der galicischen Landschaft begeistert. Anspruchvolles Terrain mit viel Wald, alles ist grün. Auffällig sind die aus Profitgründen angepflanzten Eukalyptusbäume, die immer wieder für Diskussionen und ausgedehnte Waldbrände sorgen, da sie wie Zunder brennen.

 

 

Als wir die Räder wieder stauen, haben wir 237 km und 3250 Höhenmeter in den Beinen. Da wir auf keinen Fall weiter segeln wollen, ohne die galicischen Städte A Coruna und die Hauptstadt Galiciens Santiago de Compostela zu besuchen, mieten wir für zwei Tage den einzig verfügbaren Mietwagen, einen VW Golf, über die Marina. Da es nur einen Mietwagenverleih gibt, müssen wir ein gehobenes Preisniveau in Kauf nehmen. Der Golf kostet für zwei Tage stolze 150 €.

Am ersten Tag fahren wir nach A Coruna, der Ankunftshafen vieler Biskaya-Querer. Wir haben unsere Aloma 2007 in Andalusien gekauft und auf dem Seeweg in die Niederlande überführt. A Coruna war für Walter und zwei befreundete Crewmitglieder der Starthafen für eine Biskaya-Querung, die man nicht so schnell vergisst. Sind schon auf die Kommentare der damaligen Crewmitglieder gespannt 😉 . Wir parken den Golf in einer Tiefgarage unmittelbar an der Marina Real. Bevor wir uns auf den Weg zum antiken Leuchturm „Torre de Hercules“ machen, stärken wir uns noch mit einem zweiten Frühstück in einem der zahlreichen Cafés an der Uferpromenade.

Der Leuchturm wurde ursprünglich von den Römern im ersten Jahrhundert gebaut und ist damit der einzige Leuchtturm der Antike, welcher noch betrieben wird. Das aktuelle Erscheinungsbild ist allerdings durch einen großen Neuaufbau aus dem Jahre 1788 geprägt. Nach mehr als zwei Kilometer Fußmarsch heißt es erst einmal „Schlange stehen“. Es darf immer nur eine begrenzte Anzahl von Personen in den Turm, was bei der Enge der aufwärts führenden Steintreppe verständlich ist. Da die Schlange nur aus sechs Personen besteht, warten wir nicht lange. Das sieht in der Hauptsaison bestimmt anders aus.

Oben angekommen erwartet uns ein fantastischer Blick auf das Meer und die Stadt A Coruna. Auf dem Rückweg finden wir in der Altstadt eine kleine Taverne, die in einem Segelblog als Geheimtipp beschrieben wurde, leider geschlossen vor. Kein Wunder, sind doch um diese Jahreszeit außer uns augenscheinlich keine weiteren Touristen in A Coruna unterwegs. Aber auch in der Hauptsaison wird A Coruna nicht von Touristen gestürmt, hat eben keine Kathedrale wie Santiago. Dazu passt der galicische Ausspruch: „In Santiago wird gebetet, in Vigo gearbeitet, in A Coruna gelebt“. Beim Schlendern über den Plaza de Maria Pita mit den angrenzenden Altstadtgässchen wird das bestätigt. Wie auf der „Hohe Straße in Köln“.

Verhungern müssen wir also nicht, finden wir doch noch eine nette Taverne in einer ruhigen Gasse. Wir entscheiden uns für das Tagesgericht, ein deftiger galicischer Eintopf. Nichts für Vegetarier! Die Rückfahrt nach Portosin gestaltet sich schwierig, da wir eine halbe Stunde brauchen um die Ausfallstraße aus der Innenstadt zu finden. Anscheinend will A Coruna Touristen, die sich hierher verirren nicht mehr so einfach weglassen. Am 9. Dezember steht dann die galicische Hauptstadt Santiago de Compostela auf dem Programm. Gestern, 8. Dezember „Mariä Empfängnis“, erschien uns für den Besuch denkbar ungeeignet. Wir kurven über die Landstraße, die kennen wir schon von einer Radtour, nach Santiago. Vom Parkplatz am Hauptbahnhof gehen wir Richtung Hauptsehenswürdgkeit, der Kathedrale dem Ziel des Jakobsweges. Nur wer die letzten 100 km des Weges zu Fuß oder mit dem Pferd bzw. die letzten 200 km mit dem Fahrrad gemacht hat, bekommt eine Pilgerurkunde ausgehändigt. Unsere in der letzten Woche angesammelten Radkilometer zählen hier nicht 😉 .

Durch historische Gassen nähern wir uns der Kathedrale, vorbei an Shops die Devotionalien mit nahtlosem Übergang zum Kitsch anbieten. Die Kathedrale ist eindrucksvoll und der Pilgerstrom im Dezember recht überschaubar. Nach einer Kaffeepause ist unser Bedarf an Stadtbesichtigung gedeckt.

Bei strahlend blauem Himmel zieht es uns ans Meer und auf dem Rückweg fahren wir an der Küste des Ria de Arousa bis Ribeira mit seinen langen Sandstränden. Hatten wir ja bei der ersten Radtour nicht ganz geschafft.

Beim Eroski Supermarkt in Portosin erstehen wir fürs Abendessen ein Kilo Langostinos für unter 10 €. Die genießen wir dann mit frischem Baguette, Salat und einem (oder waren es mehr?) Glas Weißwein. Am Samstag wird dann wieder die Wetterlage studiert. Da sich im Vorhersagezeitraum kein vernünftiges Segelwetter abzeichnet, wollen wir morgen zumindest ein paar Seemeilen weiter motoren. Baiona im Südwesten des Ria de Vigo soll unser letzer spanischer Hafen werden. Im Hafenbüro zahlen wir für die 12 Tage 211,20 €, ein Winterspezialtarif. Der Abschied von Carmela fällt sehr herzlich aus und wir werden den Real Club Nautico Portosin in allerbester Erinnerung behalten.