Victoria B.A./Argentinien 8008 sm von Stavoren
25.05. – 9.07.2019
Asado – Grillen auf argentinisch
Marcelo, unser Lieblings-Marinero aus dem Club Veleros de Barlovento, hat bei sich daheim zum Asado eingeladen. Bepackt mit Vino Tinto, Blumen für Marcelos Frau und einer Schüssel Rotkohlsalat fahren wir gemeinsam mit Thea und Henk von der SY Romlea in den gut 20 km entfernten Stadtteil. Alejandro, ein Freund von Marcelo, ist auch eingeladen. Er kann ein wenig Englisch und soll zu einer entspannteren Kommunikation beitragen. Mit leichter Verspätung, was bei Marcelo ein wenig Unruhe auslöst, trudelt er noch rechtzeitig mit Paula seiner Lebensgefährtin ein. Asador Marcelo kann loslegen. Unter dem Grillrost des großen gemauerten Grills, der in Marcelos museumsähnlicher Kunstschmiedewerkstatt integriert ist, lodert schon das Feuer. Die Fleischmenge ist beachtlich. Gerechnet wird mit 1 kg Fleisch und Wurst pro Person. Als Beilagen gibt es kleine Brötchen, lecker eingelegte Auberginen mit ganz viel Knoblauch und meinen Rotkohlsalat. Angesichts der Fleischmenge ist es kein Wunder, dass sich Beilagen in Grenzen halten. Gestartet wird mit Blut- und Bratwürsten, gefolgt von Hähnchenschenkeln und jeder Menge Rinderrippenstücke. Trotz größter Anstrengung sind wir von der 1 kg Marke weit entfernt. Nicht weiter schlimm! Was übrig bleibt wandert in die großen Gefriertruhen. Bei einem pro Kopf Fleischverzehr von 75 kg im Jahr, brauchen wir uns über die Restbestände keine Gedanken zu machen.
Bei Tee und Fernsehen, mit einem anhänglichen Hühnchen, lassen wir den Abend entspannt ausklingen.
Fünf Wochen Heimaturlaub, vollgepackt mit Familie und Freunde treffen, Arztbesuchen und einem nicht enden wollenden Bestellmarathon von Boots-Ersatzteilen und anderen Dingen, die man sonst noch so braucht, sind viel zu schnell vorbei. Wir genießen die Zeit bei überwiegend sommerlichen Temperaturen und sind erstaunt, wie schnell alles wieder so vertraut ist. Ohne eigenes Heim ist es schön zu wissen, dass es Familie und Freunde gibt, bei denen es immer ein freies Bett für uns gibt und ein Auto zur Nutzung vor der Türe steht.
Diesmal wohnen wir bei Freund Manni und seinem Hund Hawking in Stommeln, ganz in der Nähe unserer alten Heimat. Walter hat es nicht weit bis zu den Treffpunkten mit seinen Jungs aus der Rennradgruppe und bringt es auf mehr als 1200 km. Eine große Überraschung ist der Besuch unserer Schweizer Freunde Lisa und Wolfgang von der SY Lotta. Sie sind nicht den Rhein heraufgeschippert, sondern kommen uns auf ihrem Weg in den Norden mit ihrer neuen Errungenschaft, einem Wohnmobil, besuchen. Auch eine schöne Kombination des Reisens. Bei Pizza und Kölsch haben wir einen unterhaltsamen Abend 🙂 .
Zu unseren zwei Koffern, die wir auf dem Hinflug dabei hatten, kaufen wir noch zwei weitere hinzu, um die knapp 100 kg Gepäck zu verstauen. Für Aufregung sorgt die Zustellung der Teile für unseren Wassermacher. Wie mit Herrn Jahn von H2O-Factory vereinbart, haben wir die für das Nichtfunktionieren in Frage kommenden Teile (Hochdruckpumpe und Bauteil mit Nadelventil) mit nach Deutschland genommen und versenden sie direkt nach unserer Ankunft. Mit der Fehlerauslese verzögert es sich mehr als uns lieb ist. Letztendlich findet Herr Jahn den Fehler. Eine Kerbe im Ventilsitz bewirkt, dass das Nadelventil nicht vollständig schließt und so der erforderliche Druck nicht aufgebaut werden kann. Das hat er noch nie gesehen. Alle Teile werden losgeschickt und sollten noch just in time da sein 🙂 ! Doch das Paket geht wegen Beschädigung an H2O Factory zurück und braucht dafür eine geschlagene Woche. Hätte alles noch gepasst, wäre es zwei Tage vor unserer Abreise mit Express – und nicht mit Standardversand verschickt worden. 15 Minuten vor unserer geplanten Abfahrt zum Flughafen kommt der DHL Zusteller mit den für uns so wichtigen Teilen. Wir sind froh als alle Koffer, bis zum letzten Kilo ausgereizt, aufgegeben sind und freuen uns, dass unsere Freunde Gudrun und Tilmann, der Mann fürs Wetter, ihre Arbeit unterbrochen haben und zum Flughafen gekommen sind. Mit ihnen sitzen wir noch kurz bis vorm Boarding gemütlich bei einer Tasse Kaffee zusammen.
Wir fliegen mit KLM nach Amsterdam, weiter mit Air France über Paris nach Buenos Aires, genießen das bislang beste Bordessen und packen in Buenos Aires nach über 20 Stunden Reisezeit unsere vier Koffer unversehrt auf zwei Gepäckwagen. Vor dem Ausgang fädeln wir uns in die Reihe „Nichts zu verzollen“ ein und schieben unsere Koffer mit leichter Unruhe auf den Beamten zu der, nach welchem Prinzip auch immer, den Knopf an einer Zweifarben-Ampel betätigt. Als wir passieren zeigt die Ampel rot! Alle Koffer müssen durch den Scanner geschoben werden, der bei den vielen metallischen Teilen natürlich Alarm schlägt. Zwei Koffer, unter anderem den mit unseren wertvollen Wassermacherteilen, müssen wir zuerst öffnen. Die Einfuhr von Maschinenteilen geht gar nicht. Wir versuchen dem ausschließlich spanisch sprechenden Beamten zu erklären, worum es sich handelt und dass es wichtige Teile für unser eigenes Boot sind, auf dem wir leben und welches zurzeit in Victoria B.A. liegt. Er holt seinen ein wenig englisch sprechenden Chef. Dieser zeigt auch kein Einsehen. Da zieht Walter das Zollpapier aus der Tasche, auf dem ersichtlich ist, dass die ALOMA unser Boot ist und im Club de Veleros Barlovento liegt. Warum wir es nicht gleich gezeigt haben. Alles in Ordnung 🙂 ! Wir können die Koffer wieder einpacken, bedanken uns und bewegen uns schnell Richtung Ausgang, bevor sie es sich nochmal anders überlegen. Wir haben den Eindruck, dass die netten Beamten froh sind, mit dem Zollpapier einen Anlass gefunden zu haben uns ihr OK zu geben. Sie haben keine Lust den Wert der zahlreichen Teile im Koffer zu ermitteln (Rechnungen hatten wir nicht 😉 ), um die Höhe des Zolls zu bestimmen. Die ALOMA finden wir wohlbehalten vor und werden die nächste Zeit damit beschäftigt sein alles zu verstauen und zu verbauen.
„El Lazo“
Marcelo nimmt uns mit zu „El Lazo“. Unsere Segelfreunde Henk und Romlea und Freunde von Marcelo sind auch dabei. Marcelo besorgt jede Menge Fleisch für unser privates Asodo und natürlich Vino Tinto. Einen Tisch und Stühle hat er auf seinen Pickup geladen. „El Lazo“ ist eine argentinische tradionelle Gruppierung. Die ganze Woche über werden Aktivitäten wie Folklorestunden, Tänze für die ganze Familie wie Tango, Pasodoble, Milonga, eine rioplatensische Musikrichtung in gauchesker Tradition (zum Gitarrenspiel wird improvisierte Lyrik vorgetragen) und natürlich auch Karnevalstänze angeboten. Jeden Samstag, Sonntag und an Feiertagen gibt es kostenloses Grillen und Ponyreiten. In den großzügigen Räumlichkeiten können Geburtstage, Hochzeiten und Jubiläen gefeiert werden.
Ziel der Gruppierung ist es Liebe und Respekt für die Traditionen der Heimat zu wecken. Das Studium und die Verbreitung der künstlerischen und sozialen Werte des argentinischen Volkes zu festigen und die Praxis und Verbreitung der traditionellen Tänze zu fördern.
Die Gewohnheiten eines Gauchos in Erinnerung des Volkes zu halten, ist ein weiteres wichtiges Anliegen. Dazu gehören unter anderem regelmäßig stattfindende Rodeos. Wie wir erlebt haben, geht hier jeglicher Respekt gegenüber den Pferden verloren. Pferde, nicht wild, sondern wahrscheinlich nur nicht gut reitbar, mutieren mit Sporen, strammen um den Leib gebundenen Flankengurten und Kandaren zu Wildpferden. Für uns ist es das erste und letzte Mal, dass wir in solch gestresste Pferdeaugen geschaut haben. Am Platzrand vergnügen sich die Jüngsten zu Pferde. Stolz und gekonnt galoppieren schon Dreijährige hoch zu Rosse.
Wir werden durch die 1957 eingeweihte Kapelle „El Lazo“ geführt und bekommen eine Privatbesichtigung in dem kleinen Museum Bartolomé Puppo. An zahlreichen über das Gelände verteilten Buden wird verkauft, was ein Gaucho so braucht.
Der Abend klingt mit tradionellen Folkloretänzen und jeder Menge Rotwein aus. Es ist keine touristische Veranstaltung und wir, die holländischen und deutschen Gäste, werden von den Argentiniern herzlich begrüßt. Thea und ich üben uns fleißig in den argentinischen Tänzen. Unsere Männer wissen sich erfolgreich zu drücken.
Das ganze erinnert uns stark an die in vielen Regionen Deutschlands aussterbenden Schützenfeste. Keiner will mehr Schützenkönig sein 😉 ! In Rommerskirchen, direkt um die Ecke unserer Heimat, wird die Tradition im Rheinland mit 13 Schützenfesten pro Jahr aber noch tapfer hochgehalten.