Atlantikquerung – Ein Rückblick

Salvador da Bahia/Brasilien 5679 sm von Stavoren/NL

Nachdem wir vor einer guten Woche in Salvador angelandet sind, die Aloma aufgeräumt und geputzt haben, versäumten Schlaf nachgeholt haben, einen zweitägigen SIM-Datenkartenmarathon absolviert haben, Wäsche abgeholt und sauber und gefaltet am kommenden Tag zurückbekommen haben (Waschmaschinen gibt’s hier nicht), eingekauft haben (nicht um die Ecke sondern mit Bus oder Taxi), Wassermacher ausgebaut (nicht mal so eben gemacht) und die Ventile der Hochdruckpumpe demontiert und gereinigt haben (funktioniert nicht, müssen nach Ostern Ersatzteile bestellen),  Magendarm-Probleme nach einem Restaurantbesucht auskuriert haben, wird es Zeit, die Atlantikquerung Revue passieren zu lassen und endlich mal, dank Datenkarte, die Bilder hochzuladen.

Aber erst einmal vielen Dank an alle, die uns auf unserer Reise über den Atlantik gedanklich und mit guten Wünschen begleitet haben. Vielen Dank für die vielen Glückwünsche zur erfolgreichen Querung, die uns per Email, über die Kommentare unserer Homepage  und Whatsapp erreicht haben 🙂 !  

Vor unserer eigenen Atlantikquerung haben wir viele Erfahrungsberichte gelesen und mit Atlantikquerern gesprochen. Wie haben sich andere vorbereitet? Wie viel Proviant braucht man? Wie wurde die Querung erlebt?

Die Aloma ist technisch gut ausgestattet. Mit einem funktionierenden SailingGen und unserer 260 W Solarzelle wäre die elektrische Versorgung gesichert gewesen. Unsere LiFePo4 – Akkus haben sich in Kombination mit der Hochleistungslichtmaschine bisher sehr bewährt. Der SailingGen lieferte im Durchschnitt nur 2 Ampere, das waren nur 1/3 der zu erwartenden Leistung. Die fehlenden 100 Ah/Tag mussten wir mit der Lichtmaschine nachladen. Dazu musste der Motor jeden Tag eine knappe Stunde laufen. Den Wassermacher haben wir täglich angeworfen und immer dafür gesorgt, dass sein 30 L – Tank gefüllt ist. Das mit bis zu 500 ppm zum Trinken zu salzige Wasser, haben wir mit Mineralwasser gemischt getrunken. Das Wasser aus unserem großen 450 L – Tank, in Mindelo wegen ständiger Arbeiten am Rohrsystem, mit leicht bräunlichem Wasser versaut, wurde zum Duschen benutzt.

Auf Teneriffa/Kanaren haben wir Grundnahrungsmittel für 6 Wochen gebunkert. Es gibt hier einige gut ausgestattete und preiswerte Supermarktketten, die bis ans Boot liefern. Wir haben uns für die Aktion ein Auto gemietet. Verlässt man die Kanaren, wird die Auswahl an Lebensmitteln zunehmend eingeschränkter. Obst und Gemüse bekommt man überall.

Die Querung wurde von allen anders erlebt. Von Begeisterung bis hin zu ich wäre am liebsten über Bord gesprungen, war alles vertreten. Das persönliche Empfinden wird stark von den Wetterverhältnissen beeinflusst und vor allem von einer funktionierenden Technik. Jeder hat seine eigene Wohlfühlgrenze bezüglich Wind und Wellen. Fällt die Windsteueranlage oder der Autopilot aus und kann nicht ersetzt werden, kann das per Hand steuern rund um die Uhr, insbesondere eine Zweier-Crew oder einen Einhandsegler zermürben. Wir waren gespannt, was uns erwartet.

Mindelo/Kapverden – Fernando de Noronha/Brasilien
1432 sm –
11 Tage und 15 Stunden 
Der 1. Teil unserer Atlantikquerung war, abgesehen von den schon vielfach erwähnten Problemen mit der Technik und der glücklicherweise unbegründeten Sorge um Mr. Yanmar, rundum perfekt. Bei idealen Segelbedingungen und nur kurzem Motoreinsatz an 2 Flautentagen, hatten wir Segelspaß. Muße zum Lesen (Walter 4 und ich 3 Bücher), kochen, Bilder aussortieren und ordnen, Kommunikation über unsere Amateurfunke und inReach abwickeln, ließen die Tage schnell vergehen. Insbesondere auf die Wettermails von Tilmann, die oft mit kleinen kreativen Überraschungen gewürzt waren, haben wir immer mit Spannung gewartet.

Schnell noch ein Selfie für daheim

Wir lassen Mindelo hinter uns

Sao Vicente und die 190 m lange Federal Spey

Nachtlager im Salon, noch mit Decke
Passatbesegelung

wird gesetzt

und steht wie eine Eins 🙂
Walter nimmt Kontakt zur Außenwelt auf

Bedingungen nicht immer komfortabel

und schweißtreibend

Wir haben unser Alleinsein mitten auf dem Atlantik genossen, uns unter dem endlosen Sternenhimmel, der sich über uns spannte geborgen gefühlt und uns an den beeindruckenden Wolkenformationen nicht satt gesehen.

Die vielen erlebten Sonnenaufgänge und Sonnenuntergänge immer faszinierend anders.

Die uns umkreisenden Fregattvögel, denen wir stundenlang zugeschaut haben, wenn sie sich nach einem Fisch jagend ins Meer stürzten, um dann wieder elegant segelnd ihre Runden zu drehen.

Wir haben erstaunlicherweise auf der ganzen Querung keine Delfine, keine Walflosse oder Schildkröte gesehen. Nur fliegende Fische sind immer wieder auf dem Deck der Aloma gelandet.

Dafür ist eine große flache braune Insel an uns vorbeigeschwommen.

   

Auf die Squalls waren wir per Radar meist gut vorbereitet und haben die Segelfläche rechtzeitig verkleinert. Die herannahende Regenfront sah schon bedrohlich aus. Wir haben uns gefreut, dass das Rigg der Aloma mal so richtig von dem feinen Staub der Kapverden befreit wurde.

   

Die erfolgreiche Äquatorquerung war für uns ein Erlebnis, was wir mit einem ausgedehnten Frühstück gefeiert haben.

nicht alles von Lidl – selbstgebackenes Brot


Traumhafte

Segelbedingungen

Muße zum Lesen

regelmäßige Kontrollrundgänge

Wir waren glücklich, als wir vor Sonnenaufgang die Lichter von Fernando de Noronha erblickten und einen Ankerplatz gefunden haben und auch ein wenig stolz, dass wir gemeinsam mit unserer Aloma den größten Teil der Atlantikquerung geschafft haben.

Fernando de Noronha
15.3. – 19.3.2018
Fernando de Noronha wurde 1988 zum Marine National Park erklärt. 30% der Insel sind öffentlich zugänglich, der Rest unter strenger Kontrolle der IBAMA (Brazilian National Marine Park Agency). Einen sehr schwelligen Ankerplatz ohne weitere Leistungen und den Zugang in den Nationalpark muss man teuer bezahlen (insgesamt 80 €/Tag gezahlt). Die Anzahl der Touristen ist beschränkt. Es sind fast ausschließlich Brasilianer, wahrscheinlich nicht die ärmsten,  die vom brasilianischen Festland aus in kleinen Maschinen zu dem Inselflughafen gebracht werden.

Die Aussicht von unserem Ankerplatz ist fantastisch. Der Morro do Pico, die mit 323 m höchste Erhebung der Insel, präsentiert sich majestätisch je nach Tageszeit immer in einem anderen Licht. Außer uns liegen noch eine italienische Segelyacht (eine Cigale 16) und zwei Katamarane in der Bucht.

Morro do Picco – höchste Erhebung

 

Unser Tag beginnt um 5:30 Uhr und endet um 20 Uhr (Sonnenuntergang gegen 17:30 Uhr). Am zweiten Tag erkunden wir die unmittelbare Umgebung unserer Ankerbucht Baia de Santo Antonio. In der auf einer Anhöhe stehenden kleinen Kapelle „Capela de Sao Pedro“ wird gerade eine Hochzeit vorbereitet. Wir spazieren über die von den motorisierten Buggys ausgefahrenen Wege. Das sind offene Autos, von denen es auf der Insel jede Menge gibt. Bei einigen ist die Karosserie auf das alte VW-Käfer-Chassis geschraubt. So wie ich in einem alten Reisebericht gelesen habe, fuhren die Teile schon vor 20 Jahren hier herum. Die Küste, mit den vorgelagerten kleinen Inseln und Felsen ist imposant. Auf dem Rückweg informieren wir uns in einem kleinen Museum über die Geschichte des Haifanges und die vielen verschiedenen Haiarten, die es reichlich rund um die Insel gibt.

Capela de Sao Pedro

Krabbenfelsen


 
Aussicht am Haifischmuseum

Sundowner mit Blick auf den Ankerplatz

mit dem Schlauchboot zurück zur Aloma

Der günstige Inselbus (1,20 €/Person) fährt uns am kommenden Tag in den Inselsüden. Wir verstauen unsere Sachen in einem Schließfach der Kontrollstelle zum Nationalpark und schnorcheln in der Baia do Sueste, der Schildkrötenbucht, bei schlechten Sichtverhältnissen ohne eine Kröte zu sehen.

Baia do Sueste

Anschließend spazieren wir, ausgerüstet mit unserer ABC-Ausrüstung, zu der 1000 m entfernten Nachbarbucht Praia do Leao. Aus den 1000 m werden 2000 m, da wir uns verlaufen. Bei der Brandung ist es nicht ganz einfach, ins Wasser zu gelangen. Wir schnorcheln zu der vorgelagerten Insel „Ilha do Leao“ und werden mit einer unglaublichen Vielfalt tropischer Fische, in allen Größen und Farben, belohnt. Die Sicht ist durch die Atlantikwelle und den sandigen Untergrund nicht so gut.

Zwei nette Damen nehmen uns in ihrem Buggy mit zurück zum Kontrollhäuschen. Nach einer Süßwasserdusche geht’s mit dem nächsten Bus zurück zum Hafen.

An unserem letzten Tag fahren wir mit dem Bus in den Inselnorden. Die angeblich schönste Bucht von Brasilien „Baio do Sancho“ soll sich aufgrund ihrer sanften Wellen ideal zum Schnorcheln eignen. Auf einen Besuch der Baia dos Golfinhos, der Delfinbucht verzichten wir. Die Delfine kommen zu uns! Jeden Morgen gegen 6 Uhr schwimmen sie durch unsere Ankerbucht und dann hinaus in den Atlantik zum Fressen. Es sind Spinner Delfine, die sich bei ihrem Sprung aus dem Wasser mehrfach um die eigene Achse drehen können. Bis zu 2 Stunden können wir sie, gemütlich aus unserem Cockpit hinaus, beobachten.

 

Um die Schnorchelbucht „Baia do Sancho“ zu erreichen, muss man durch eine Kontrollstelle des Nationalparks. Unsere Sachen schließen wir wieder ein. Über einen aufwändig angelegten Holzpfad, der durch saftig grüne tropische Vegetation führt, gelangt man. mit Hilfe einer durch den Felsen gebauten steilen Stahltreppe, hinab zum Strand.

Holzpfad durch tropische Vegetation

über eine Stahlleiter durch den Felsspalt hinunter

Die Schnorchelbucht präsentiert sich heute nicht so ruhig wie erwartet. Die Brandungswellen sind beachtlich, der vorgelagerte Felsen, an dem es mit Sicherheit viele bunte Fische zu bewundern gibt, lockt. Nach einer kurzen Einweisung von Walter, wie die Wellen am erfolgreichsten zu durchschwimmen sind, gehe ich mit gemischten Gefühlen in die Brandung und gebe alles, aber nicht genug. Während ich noch mit den Wellen kämpfe, mühsam meine vom Kopf gerissene Brille samt Schnorchel noch so gerade rette, ist Walter schon in ruhigerem Gewässer angelangt. Statt alleine zu schnorcheln, kommt er zurück und überredet mich zu einem zweiten Versuch, der auch misslingt. Nachdem Walter eine Flosse und die Brille verloren hat, geben wir auf. Die Flosse wird von einem aufmerksamen Schwimmer gerettet. In der Hoffnung die Brille könnte angespült werden, gehen wir mehrmals den Strand auf und ab. Sie ist und bleibt weg. Dafür sehen wir im seichten Wasser, immer an der gleichen Stelle einen kleinen Hai.

Baia do Sancho

unerreichter Schnorchelfelsen 🙁

Ein anderer Blick auf  Baia do Sancho

Nachdem wir mit Süßwasser geduscht und alle Sachen verpackt haben, gehen wir abschließend noch zu einem Aussichtspunkt, von dem man einen grandiosen Blick in die Baia dos Porcos hat, mit den zwei beeindruckenden Felsen „Morro dois Irmaos“. Das Postkartenmotiv von Fernando de Noronha.

Morro dois Irmaos

Fernando de Noronha – zum brasilianischen Festland Salvador
734 sm – 5 Tage und 9 Stunden
Der 2. Teil unserer Atlantikquerung war nicht immer wirklich gemütlich. Den Kurs Salvador konnten wir nur mit Mühe anliegen und mussten die ersten Tage maximale Höhe am Wind segeln, bis wir endlich abfallen konnten.

 
 

Eine schöne Abwechslung war der Besuch unseres blinden Passagiers, einem Atlantiksturmtaucher (kein Booby 😉 ).

 

Mit dem Angelschnurspiel – entwirren – aufwickeln – entwirren – aufwickeln . . . haben wir uns die Zeit vertrieben 😉 .

 

Nicht zu vergessen, dass Backen der genialen Dinkelbrötchen 🙂 .

An den letzten zwei Tagen konnten wir es nicht abwarten endlich das brasilianische Festland zu erreichen und mal wieder für längere Zeit festen Boden unter den Füßen zu spüren.

   

Uns hat die Reise über den Teich Spaß gemacht und wir sehen zukünftigen langen Passagen entspannt entgegen.

Antworten auf oft gestellte Fragen
Hattet ihr ausreichend Schlaf und wie sahen die Wachen aus?
Wir praktizieren einen Schlaf-Wach-Rhythmus von ca. 3 Stunden. 21 Uhr – 24 Uhr – 3 Uhr – 6 Uhr – 9 Uhr, mit kleinen Abweichungen. Derjenige der Wache schiebt, sitzt mit Rettungsweste und mit einer Lifeline eingepickt im Cockpit. Der nicht Wachhabende schläft im Salon. Hier ist über den offenen Niedergang eine gute Belüftung gewährleistet und im Notfall ist er sofort einsatzbereit. Bis zum Äquator waren die Temperaturen noch erträglich und wir konnten Schlafmangel tagsüber ausgleichen. Mit zunehmenden Temperaturen war ein längeres Schlafen tagsüber fast nicht möglich. Dadurch kamen wir im Schnitt auf nur 5 Stunden Schlaf, bei außerplanmäßigen Einsätzen (z.B. Wassereinbruch im Motorraum) auf weniger. Das hat uns schon zu schaffen gemacht.

Wir scheinen mit unserem praktizierten Schlaf-Wach-Rhythmus Exoten zu sein und wurden belächelt. Von vielen Zweier-Crews, mit denen wir gesprochen haben, geht keiner mehr ins Cockpit. AIS-Alarm reicht aus und was auf dem AIS (Automatic Identification System) nicht zu sehen ist, gibt es nicht. Wir kennen alleine drei Boote, die nicht mit einem AIS-Sender ausgestattet sind (Zwei Einhandsegler und ein 10 m Boot mit einer Zweier-Crew). Solche Boote haben Pech, wenn sie ausschließlich auf AIS-vertrauende Segler treffen. Die Wahrscheinlichkeit auf dem Atlantik jemandem zu begegnen, ist sicherlich gering, aber nicht unmöglich. Auf unserem Weg von La Palma/Kanaren zu den Kapverden mussten wir einem Katamaran ausweichen, der keinen AIS-Sender hatte. Hätten wir uns ausschließlich auf die AIS-Anzeige verlassen oder wie manche nur alle halbe Stunde einen Rundumblick gemacht, wäre eine Kollision nicht unwahrscheinlich gewesen.

Wie macht ihr das mit dem Duschen? Wir haben einen 450 Liter Wassertank und einen zurzeit noch nicht gutes Trinkwasser produzierenden Wassermacher. In unserer 60×60 abgetrennten Duschtasse (wie daheim 😉 ) lässt es sich prima duschen, ohne das ganze Bad unter Wasser zu setzen. Auf unserem komfortablen Segelkurs, den wir bis Fernando de Noronha hatten, war Duschen kein Problem. Das war auf dem letzten Teil der Querung nicht mehr so luxeriös möglich. Wegen unserem Hart-am-Wind-Kurs und 30° Lage nach Steuerbord  (kein Wasserabfluss mehr und nicht ungefährlich), mussten wir Flaschendusche im Cockpit praktizieren. Klappte aber auch prima.

Wie löst ihr das Müllproblem? Grundsätzlich sollte man natürlich versuchen, so wenig Müll wie möglich zu produzieren. Ist aber nicht ganz einfach, da die frischen Sachen relativ schnell aufgebraucht sind und man auf Konserven usw. zurückgreifen muss. Wir haben alles was organisch war und Toilettenpapier (keine bedruckte Pappe) über Bord entsorgt. Kunststoffverpackungen, Konserven und Glas haben wir mit Meerwasser gereinigt, in Mülltüten gesammelt und in unserer Staukabine deponiert.

Kein Alkohol! Wir haben auf der ganzen Querung keinen Alkohol getrunken. Für viele sicherlich langweilig und undenkbar. Unvorhergesehene Einsätze unter Alkohol durchführen zu müssen, finden wir nicht unbedingt lustig. Sei es reffen oder abtauchen, um den Propeller zu kontrollieren.