Victoria B.A./Argentinien 8097 sm von Stavoren
2.09. – 12.09.2019
Antifouling (Bewuchsschutz) haben wir zuletzt vor unserer Abfahrt im August 2016 in Stavoren/NL auf das Unterwasserschiff gepinselt. Als wir 2018 wegen Einbau des neuen Getriebes in Salvador an Land standen, haben wir es nur von Bewuchs und Muscheln befreit. Einen Anstrich mit dem wertvollen Antifouling aus unserem Bordvorrat wollten wir möglichst hinauszögern. In Südamerika bekommt man nicht das von uns verwendete Antifouling. Auf dem weiteren Weg südwärts sind wir regelmäßig getaucht und haben geschabt. Ab Piriapolis/Uruguay hörte die mühevolle Schaberei auf. Durch das immer süßer werdende Wasser des Rio de la Plata starben der salzwasserliebende Bewuchs und die Muscheln ab. Inzwischen sind drei Jahre vergangen und einen Anstrich können wir nicht noch weiter hinausschieben. Schadhafte Stellen, wo blankes Aluminium sichtbar ist, wollen wir schleifen und mit Epoxi grundieren. Insbesondere die in Salvador festgestellten Korrosionsspuren am Ruderblatt, die aufgrund der Isolierung vom Rumpf entstanden sind, müssen richtig aufgearbeitet werden. In Salvador hatten wir die betroffenen Stellen bis auf das blanke Aluminium hinuntergeschliffen und nur provisorisch Zinkstaubspray aufgebracht. 7,5 Liter Antifouling wollen wir jetzt verstreichen und die restlichen 7,5 Liter später in Valdivia/Chile. Jetzt müssen wir für die ALOMA nur noch einen Platz an Land finden.
Als wir im Januar 2017 in Tazacorte/La Palma an Land standen, brachte die ALOMA angeblich 16 Tonnen auf die Waage. Kam uns etwas viel vor. Für den Kran (kein Travellift) im Club Barlovento, wo wir zurzeit liegen, ist unser Boot zu schwer. 20 Tonnen kann der Kran zwar laut Aufschrift heben, aber mehr als 14 Tonnen traut man ihm anscheinend nicht mehr zu. Wir müssen uns in Nachbarclubs nach einer Kranmöglichkeit umschauen. Der Yacht Club Argentino in San Fernando hat akzeptable Preise für Kranen und an Land stehen, kann uns aber keinen festen Termin nennen. Das ist uns zu unsicher und wir fragen noch in einigen anderen umliegenden Clubs nach. Im Yachtclub San Isidro klingt anfangs alles ganz positiv, dann teilt man uns aber mit, dass eigenes Arbeiten am Boot nicht erwünscht ist. In der Marina del Norte werden nur die Boote von Clubmitgliedern an Land gestellt und in der privaten Marina Puerto Chico, direkt gegenüber, sind uns die Preise ein wenig zu nobel. Ende August fragen wir nochmal im Yacht Club Argentino nach und haben Glück. Wir bekommen einen Krantermin für den 2.9.. Schlafen auf dem Boot ist nicht erlaubt und wir finden über Booking com ein 20 Minuten Fußweg entferntes Appartement.
Einfach mal so rauskranen, wie wir es aus NL kennen, geht hier in Argentinien nicht. Nachdem wir im Club Argentino den Papierkram erledigt haben, müssen wir zur Aduana (Zoll), um das Rauskranen anzumelden. Die inzwischen guten Bekannten begrüßen uns freundlich und wickeln alles relativ zügig ab. Mit dem Formular der Aduana, in dreifacher Ausfertigung, gehen wir zur Prefectura zum Abstempeln. Dort läuft alles so zäh wie immer ab. Ein Mitarbeiter starrt den Vordruck minutenlang an, als ob er alles zum ersten Mal sieht. Ein zweiter, der gerade nichts Besseres zu tun hat, schaut ihm dabei ahnungslos über die Schulter und ein dritter Mitarbeiter verlässt mit dem Vordruck das Büro, um einen nächst höheren Kollegen um Rat zu fragen. Der kommt mit dem Formular nach einiger Zeit wieder zurück. Es wird nochmal gelesen, alles durchgesprochen und endlich gestempelt. Ein Exemplar für die Prefectura, eins für uns und eins müssen wir wieder zurück zur Aduana bringen. Umständlicher geht’s nicht. In den nächsten Tagen wird die Aduana mit mindestens zwei Mitarbeitern im Yacht Club vorbeischauen, um zu kontrollieren, ob das Boot auch wirklich da ist. Dann werden wieder zahlreiche Fotos fürs Archiv gemacht. Wen wundert es da, dass Argentinien wirtschaftlich nicht auf die Beine kommt. Nach 2,5 Stunden sind wir wieder zurück im Club, müssen die Genua noch abschlagen und die ALOMA wird professionell gekrant und auf ihre Twinkiele gestellt.
Mit dem Wetter haben wir mehr oder weniger Glück. Die nächsten Tage ist kein Regen angesagt, aber mit teilweise einstelligen Temperaturen ist es schweinekalt. Wir starten mit dem Unterwasserschiff und schnell wird klar, dass mal wieder mehr Arbeit auf uns zukommt als erhofft. Insbesondere im Bugbereich sieht die Epoxi-Grundierung nicht gut aus. Überall haben sich kleine Blasen gebildet, unter denen nach dem Aufkratzen blankes Aluminium zum Vorschein kommt. Glücklicherweise sind keinerlei Korrosionsspuren zu erkennen. Ordentlich gemacht, müsste das ganze Unterwasserschiff bis aufs Aluminium runtergeschliffen und mit Epoxi neu aufgebaut werden. Für das Runterschleifen würde sich hier in Argentinien jemand finden, der das schnell und preiswert macht. Problem ist, dass es in Argentinien kein brauchbares Epoxi für Aluminiumboote zu kaufen gibt und der Restbestand an Bord nicht für das ganze Unterwasserschiff reicht. Wir entschließen uns zu einer „Notreparatur“, Pfuscharbeit kann man auch sagen 😉 . Walter schleift die schlimmsten Stellen ab und bringt zwei Schichten Epoxi auf. Die Hälfe unseres Antifoulingvorrates reicht für einmal Unterwasserschiff streichen. Alles wieder schön, zumindest von weitem.
Während Walter das Unterwasserschiff bearbeitet, räume ich unser Bett in der Achterkabine ab und demontiere ein Brett. Die von Maxi, unserem Mann für Edelstahlarbeiten, angefertigte Adapterplatte aus Edelstahl für den SailingGen (Heckgenerator zur Stromerzeugung) kann ansonsten nicht am Heckspiegel angebracht werden.
Die provisorische Platte aus 15 mm Marinesperrholz hat sich, wie derzeit berichtet, auf der Überfahrt nach Rio de Janeiro zerlegt https://aloma.koeln/?s=Rio+de+Janeiro. Außerdem muss die Badeleiter versetzt werden, weil sie ansonsten mit der Platte kollidiert. Die Leiter wurde von dem Vorbesitzer unseres Bootes mit 6 Blechschrauben pro Aufnahme montiert. Das heißt, es müssen 12 Löcher zugeschweißt werden. Nach längerem Durchfragen haben wir einen Alu-Schweißer gefunden, der uns auch die neue Zinkanode am Unterwasserschiff anschweißt. Alles wird perfekt und zu einem sehr akzeptablen Preis erledigt.
Die Welle hat im Lager 1 mm Spiel. Das ist zu viel. Hatten wir aufgrund des etwas unruhig laufenden Motors schon befürchtet. Das Wechseln des Wellenlagers ist nicht ganz trivial. Erst einmal muss das alte Lager raus. Nachdem Walter es mit einem Sägeblatt längs aufgeschnitten hat, wird es mit Schraubendreher, Hammer und Zange stückweise herausgefummelt. Um das neue Lager hineinzubekommen, brauchen wir eine ausreichend lange Gewindestange, große fette Unterlegscheiben und Muttern. Wir haben nichts Passendes an Bord. Müssen wir morgen früh besorgen. Feierabend für heute!
Die Küche in unserem Appartement ist nicht für den Gourmetkoch ausgestattet. Die Kochutensilien reichen so gerade aus, um stressfrei Nudeln mit Tomatensoße zu kochen. In der Ceveceria „Cerdos Voladores“ (fliegende Schweine), direkt um die Ecke, gibt es nicht nur laut Karte 20 Sorten Bier (im Ausschank ein paar weniger), sondern auch ganz passable Hamburger. Heute ist auch noch Happy Hour. Da gehen wir hin.
Am nächsten Morgen kaufen wir in dem gut sortierten Schraubenladen „Bulonera“ in Tigre für die Montage des neuen Wellenlagers zwei M10 Gewindestangen und verbinden sie mit einer langen Kupplungsmutter. Diese wird durch das neue Wellenlager und den Wellentunnel geschoben und an den Enden mit mehreren dicken Unterlegscheiben und einer Mutter versehen. Durch Drehen der Mutter mit einem Maulschlüssel versucht Walter nun das Lager in den Tunnel zu ziehen. Die ersten acht Zentimeter klappen super. Um das Lager gegen Verdrehen zu sichern, bringen wir auf den letzten 5 cm Epoxidkleber auf. Zu früh gefreut! Die letzten Zentimeter des Lagers wehren sich mit Gewalt gegen weiteres Hineinziehen. Durch die enorme Kraft die aufgebracht werden muss, reißen die Gewindegänge auf der Stange ab. Der vermurkste Teil der Stange muss abgeflext werden, da keine Mutter mehr aufgeschraubt werden kann. Problem ist, dass die Topfzeit des Epoxidklebers 45 Minuten beträgt. Es wird hektisch! Dreimal reißt das Gewinde ab, dreimal muss geflext und alles wieder neu ausgerichtet werden. Bis auf 6 mm schafft Walter es mit Mühe das Lager hineinzuziehen. Die werden abgesägt. Beim nächsten Lagerwechsel kaufen wir mindestens eine M16 Gewindestange 🙂 .
Den Propeller und die Welle bepinsele ich mit Amidosulfonsäure um Kalkab-lagerungen zu entfernen. Mit Metall-politur wird der Prop anschließend noch auf Hochglanz gebracht. Die Wellenanode wird erneutert, die Prop-Anode hat in einem knappen Jahr gerade mal 80 g Zink verloren. Sie wird blank geschliffen und wieder montiert. Für Patagonien bringen wir noch einen Tauwerkschneider auf der Welle an und hoffen eingefangene Stücke von Fischernetzen, Leinen und Kelp (Braunalge) notfalls damit zu schreddern.
Geplant waren sieben Landstehtage. Aufgrund der Mehrarbeit am Unterwasserschiff und einem Regentag haben wir unser Appartement um drei Tage verlängert. Nur keinen Stress aufkommen lassen. Wir haben alles richtig gemacht. Die letzten zwei Tage können wir ganz entspannt angehen und bewundern bei einem Werftrundgang die Holzschiffe, die in mühseliger Kleinarbeit, egal wie marode sie sind, wieder refitet werden. Es ist unglaublich, wie viele historische Holzyachten es in Argentinien gibt. Argentinier dürfen keine gebrauchten Schiffe aus dem Ausland kaufen und neue Schiffe werden mit einer 100%igen Einfuhrsteuer belegt.
Die Aloma hat abgenommen! Der Kranführer im Yachtclub Argentino versichert uns, dass sie nur 14 Tonnen wiegt.
Auf der Rückfahrt zum Club de Veleros Barlovento drehen wir unseren Yanmar testweise bis zur Maximaldrehzahl von 3500 1/min hoch. Keine spürbaren Vibrationen mehr vorhanden 🙂 . Der Einbau des neuen Lagers hat sich gelohnt. Zurück im Club stellen wir fest, dass unsere Profiseal Stevenrohrdichtung leicht tropft. Dies lässt sich durch Nachziehen der Flanschschrauben beheben. Außerdem wird der Motor nochmal besser ausgerichtet.