Nordseegefühle in La Paloma

La Paloma/Uruguay 7749 sm von Stavoren
21.12.2018 – 5.01.2019

La Paloma hat keine Schwimmstege. Der Kopfsteiger aus Beton, an dem wir gestern Abend angelegt haben, ist kein geeigneter Platz um länger liegen zu bleiben. Die hohe Betonwand ist der Killer aller Festmacher und ohne eine helfende Hand ist es nicht so einfach vom Boot an Land zu kommen. In der Mitte ist der Betonsteiger zu beiden Seiten hin abgesenkt und bietet Platz für ca. 30 Boote. Für unsere Bootslänge gibt‘s noch zwei Plätze. Glück muss man haben 🙂 ! Nun liegen wir mit der Nadir in enger Nachbarschaft, vorne am Steg und hinten an zwei Mooringtonnen festgemacht. Damit sich unsere Riggs bei Wind nicht verhaken können, liegen wir versetzt. Unsere Aloma ist nun soweit vom Steg entfernt, dass wir nicht mehr über den Bug von Bord kommen. Rena und Gucky räumen uns ganz unbürokratisch ein Wegerecht über ihr Boot ein 🙂 .

T-Steiger aus Beton

Reihenhaus-Atmosphäre

Für Uruguay braucht man kein Visum, darf 90 Tage bleiben und kann kurz vor Ablauf der 90 Tage bei der Behörde für Immigration eine einmalige Verlängerung für weitere 90 Tage beantragen. Das Boot darf 9 Monate und dann, gegen eine Gebühr von 600 US$,  unbegrenzt lange im Land bleiben. Behördengänge, nach Ankunft in einem Hafen, bleiben einem allerdings auch hier nicht erspart. Als erstes müssten wir zur Immigrationsbehörde, von der man einen Stempel in den Reisepass bekommt, mit dem Einreisedatum.  Die gibt es aber in La Paloma nicht. Ist aber kein Problem! Wir können das in Piriapolis nachholen. Das nenne ich doch mal einfach und entspannt. Anders als in Brasilien!
Also starten wir in La Paloma mit der Prefectura del Puerto, die bei der Armada Nacional angesiedelt ist. Von unserem Liegeplatz aus können wir direkt auf das Gebäude der Armada blicken, mit der riesigen Uruguayflagge auf dem Dach. Gefühlt haben wir den Eindruck, dass sich die halbe Armada um unser Anliegen kümmert. Hinter einem Tresen beginnt geschäftiges Treiben. Formulare werden von einem Mitarbeiter ausgefüllt, zwei andere schauen ihm dabei über die Schulter. Die ausgefüllten Formulare und unsere Reisepässe werden an wieder andere Mitarbeiter weitergereicht und entschwinden aus unserem Sichtfeld. Wieder andere Mitarbeiter kommen mit den Unterlagen zurück. Wir beobachten das ganze wie ein Theaterstück anmutende Spiel von unseren Sitzplätzen aus.
Als nächstes müssen wir zur Dirección Nacional de Aduanas (Zollbehörde), zur zollfreien Einfuhr des Bootes. Letzte Station ist die Dirección Nacional de Hidrografia,  die Hafenverwaltung.

La Paloma ist mit seinen gerade mal 2500 Einwohnern der größte Badeort des Departments Rocha und liegt am windigen Kap Santa Maria. An den kilometerlangen Atlantikstränden können sich Kiter und Wellensurfer austoben. Ein Grund für unsere argentinischen Nachbarn Tamara und Sebastian ihren Urlaub in La Paloma zu verbringen.

Windarme Tage gibt‘s nur wenige. Meist bläst es mit 5 Bft durch die Marina. Hier erleben wir gleich zwei kräftige Stürme aus nördlicher Richtung, die innerhalb weniger Stunden mit bis zu 9 Bft über uns hinwegfegen. Es sind keine Pamperos, wie wir anfangs dachten. Denn der Pampawind kommt immer aus dem tiefen Süden Patagoniens und kann länger anhalten. Aus dem Norden kommen die Nortazos, die kurz und heftig sind. Alles geht gut!

Nortazos zieht

schnell über uns

hinweg
Küstenabschnitt vor der Hafenmole

Schöne bizarre Küste

Fischerboote im Hafen von La Paloma

Supermärkte, ein guter Metzger, Bäckereien, Restaurants, gleich mehrere Wäschereien zur Auswahl (ganz wichtig!), eine wunderschöne Küste mit Strand und ein Leuchtturm sind, je nachdem wohin man möchte, 2-3 km von der Marina entfernt. In der Hochsaison wird es hier zwar auch sehr voll, aber durch die bunten Ferienhäuschen und fehlenden Bettenburgen hat sich der Ort so etwas wie ein dörfliches Flair erhalten. Hier kann man es aushalten!

Schild an den alten Bahngleisen

Blick auf La Paloma

Leuchtturm „Santa Maria“

Meerjungfrau mit Schuhen

so etwas wie eine Schwanzmeise??

In Uruguay sind Kirche und Staat strikt getrennt. Kruzifixe und Heiligenbilder wurden aus dem öffentlichen Raum verbannt. Zumindest weitestgehend. Ein 30 m hohes Kreuz, welches anlässlich eines Besuches von Papst Johannes Paul II. 1987 in der Hauptstadt Montevideo errichtet wurde, steht noch. Nach hitzigen Kreuz weg -Debatten wurde die Entscheidung Kreuz bleibt mit einer knappen Mehrheit im Parlament durchgesetzt. Religion ist in Uruguay Privatsache. Der Staat hält sich komplett raus. Nicht wie in Deutschland, wo Staat und Kirche, trotz Trennung, „partnerschaftlich zusammenarbeiten“. Die christlichen Feiertage wurden in Uruguay allesamt umbenannt. Das Drei-Königsfest ist „Tag der Kinder“, Ostern heißt „Reisewoche“ 🙂 . Der 24. Dezember ist der „Familientag“. An diesem Tag treffen sich Familien mit Oma, Opa und Kindern am Strand zum Picknick oder Grillen. Der Höhepunkt ist das Feuerwerk um 24:00 Uhr. Wir sitzen am 24. mit Rena und Gucky auf der Aloma. Essen, trinken und singen uns zu Guckys Gitarrenspiel (nicht nur Weihnachtslieder) durch den Abend. Am kommenden Tag gibt’s Resteessen auf der Nadir.

Bevor wir uns heute in den Silvesterabend stürzen, werden die angestaubten Fahrräder aus ihrem Stauraum geholt und der sonnige und windstille Tag für eine kleine Einrolltour zu dem 10 km entfernten Badeort La Pedrera genutzt.

Eindrucksvolles

Küstensoaring

Zwischen Weihnachten und Silvester ist noch mein Geburtstag gequetscht. Es gibt ein Geburtstagsessen auf der Aloma. Für die leckeren Plätzchen, mit Marmelade gefüllt, Schokolade überzogen und gehackten Cashewkernen verziert, haben Rena und Gucky stundenlang in der Pantry gestanden. Dazu selbst gepflückte Blumen von La Palomas Wiesen 🙂 !

Den Silvesterabend verbringen wir wieder essend, trinkend und diesmal auch tanzend auf der Nadir. Die Bowle, die Gucky zusammengemischt hat, ist super lecker! Am kommenden Tag wieder Resteessen 🙂 !

Wenige Meter von der Marina entfernt beginnt der Strand, den man entlang bis zum 1874 erbauten Leuchtturm Santa Maria laufen kann. Die Nebelschleier, die den Leuchtturm und die Küste immer wieder verschwinden, auftauchen oder in ein diffuses Licht tauchen lassen, machen den Neujahrsspaziergang zu einem schönen Erlebnis.

Bevor wir weitersegeln, haben wir noch einen schönen Tag für eine Radtour. Im Landesinneren ist die Lagune la Roche, die 1976 von der UNESCO zum Biosphärenreservat erklärt wurde. Das Radeln über die langen befestigten Wege, durch ausgedehnte Feuchtgebiete und Dünenlandschaften erweist sich als eine Traumtour 🙂 !

Eukalytushain

am Wegesrand

Der Atlantik spinkst über die Dünen

Die Lagune

la Rocha

Was machen wir sonst noch so?
Walter forscht nach der Ursache für den Ausfall des Autopiloten, der uns auf der Überfahrt nach La Paloma genervt hat. Nachdem ein Fehler am Autopiloten selbst schon auf der Fahrt hierher ausgeschlossen wurde, kann es  eigentlich nur noch an der Hydraulikpumpe  liegen. Die aus Graphit bestehenden, für die Stromübertragung zuständigen Kohlebürsten, nimmt Walter mal näher unter die Lupe. Sehen nicht mehr wie neu aus. Die Führungen, in denen die Bürsten sitzen, sind voll mit abgeriebenem Kohlestaub und es hat sich an beiden Bürsten ein Grat gebildet. Die Teile haben sich ja auch schon geschätzte 1500 Stunden abgearbeitet. Walter entfernt den Grat und saugt den Kohlestaub mit unserem Kärchersauger weg. Alles wird wieder eingebaut und das Ruder mit dem Bedieninstrument des Autopiloten 10 Minuten hin- und hergefahren. Funktioniert soweit fehlerfrei. Die nächste Tour wird dann zur Nagelprobe.

Unser Lazy-Jack-System wird neu konzipiert. Die Leinen, die diagonal zwischen Mast und Baum gespannt sind, um das Großsegel beim Bergen zu führen, waren nicht optimal angebracht.

Morgen früh um 6 Uhr wollen wir nach Piriapolis ablegen. Die Festmacher sind mit einem Palsteg an einem Stahlauge der Mooringtonnen angebracht. Damit wir die Leinen beim Ablegen problemlos von Bord aus einholen können, begibt Walter sich mit Neopren ausgestattet (kalt und Quallen 😉 ) ins Wasser um die Leinenführung beider Boote zu ändern.

Nachdem wir bei der Hidrografia die Hafengebühren bezahlt haben, erhalten wir bei der Prefectura ein Formular, auf dem unter anderem das Datum und die Uhrzeit unserer Ankunft und Abfahrt stehen.