Rio de Janeiro/Brasilien 6665 sm von Stavoren
4.11. – 17.11.2018
die Metropole mit ihren über 6 Millionen Einwohnern, für viele das Brasilien überhaupt, zeigt sich bedeckt und regnerisch. Wir liegen im Club Naval Charitas, der sich in Niteroí an der Ostseite der Guanabara-Bucht befindet. Eine 13 km lange Brücke führt in das direkt gegenüberliegende Rio de Janeiro. Eine Fährverbindung gibt es auch. Für umgerechnet 13 Euro/Nacht nehmen wir gerne in Kauf, dass Rio nicht direkt vor der Bootstüre liegt. In der Marina da Glória, direkt unter dem Zuckerhut gelegen, Fluglärm inbegriffen, müssten wir für unsere Bootslänge 150 Euro/Nacht berappen.
Die ersten zwei Tage dürfen wir längsseits am Kopf eines Steges liegen bleiben. Ideal um in einer regen- und windarmen Pause die Genua 1 auszurollen, abzuschlagen und den Schaden zu begutachten. Genau der Teil über dem Segelhals, den Walter auf der Überfahrt versucht hat nach dem Fallenstopper-Öffnungsmalheur mit Gewalt wieder in die Nut der Rollanlage zu winschen, ist hoffnungslos verklemmt. Es folgen mehrere erfolglose und von Fluchen begleitete Versuche, das Kederband des Segels aus der Nut zu ziehen. Die Einwände der Bordfrau, dass ihrer Meinung nach zu viel Tuch in die Nut gewinscht wurde, wird zweimal als völliger Unsinn abgeschmettert. Beim dritten Mal dann endlich vom Bordingenieur mit Brille fachmännisch begutachtet und als das Problem bestätigt 🙂 ! Was mit Gewalt reingegangen ist, geht auch nur mit Gewalt wieder heraus. Unterhalb des Furlers wird ein Umlenkblock angeschlagen. Mit einem Tau und unter Einsatz der Genuawinsch schaffen wir es, das Segel unbeschadet aus der Nut zu ziehen.
Das Verlegen an den neuen Liegeplatz, mit dem Bug an einer Mooring vertäut und rückwärts an einem Steg festgemacht, schaffen wir aufgrund des stärker wehenden Windes nur mit Hilfe mehrerer Marineros. Der tropfende Außenborder unseres Schlauchbootes wird von Cheyenne, einem 70 jährigen Mechaniker aus Niteroí abgeholt, mit einer neuen Dichtung versehen und zwei Tage später wieder zurückgebracht. Ein Clubmitarbeiter befreit unser Unterwasserschiff von dem inzwischen wieder üppigen Bewuchs.
Der Zuckerhut spinkst immer mal wieder zwischen der Lücke zweier vorgelagerter Felsformationen hervor, bis die Wolken ihn wieder verschwinden lassen.
Die ganze Woche ist es völlig verregnet. Kein Copacabanawetter!
An Sightseeing oder an ein Wetterfenster, um weiter südwärts zu gehen, ist nicht zu denken. Rena und Gucky sind inzwischen auch in Niteroí eingetroffen und liegen mit ihrer Nadir neben uns. In der zweiten Woche zeigt sich endlich mal hin und wieder die Sonne und wir nutzen die gute Sicht für einen Ausflug auf den Zuckerhut. Ohne Warteschlange und erstmalig den Seniorenrabatt nutzend (halber Preis ab 60 😉 ), geht’s mit einer Seilbahn auf den 396 m hohen Gipfel. Von mehreren Aussichtsplattformen genießen wir den eindrucksvollen Rundblick.
Nachmittags spazieren wir entlang der Ipanema Beach, trinken ein Bier an einer der Strandbuden und schauen dem bunten, textilarmen Treiben zu. Sonntags wird die vor dem Strand verlaufende Seite der breiten „Avenida Atlântica“ für den Autoverkehr gesperrt und ist dann freigegeben für Spaziergänger, Radfahrer und Jogger von ganz Rio. Eine dreiköpfige Band unterhält uns mit echt guter Rockmusik. Bevor es dunkel wird, wollen wir noch einen Blick auf den Strand von Copacabana werfen. Wir umlaufen den Felsvorsprung Arpoador, der beide Strände voneinander trennt. An der Copacabana reihen sich zahlreiche Buden mit Souvenierverkäufer und noch mehr Bierbuden aneinander. Vom Zuckerhut aus betrachtet, gefiel uns der Strand von Copacabana besser.
Immer noch sonnig geht’s am kommenden Tag mit der Zahnradbad hinauf auf den 710 m hohen Corcovado, auf dem die Christusstatue „Christo Redentor“ steht. Anderer Betreiber, kein Seniorenrabatt für uns 🙁 . Wir sind etwas spät dran und die Sonne steht inzwischen hinter dem 30 m hohen Monument.
Den Botanischen Garten „Jardim Botânico“, der sich im Stadtteil gleichen Namens befindet, besuchen wir gemeinsam mit Rena und Gucky. Eine herrliche Ruhe in der grünen Stadtoase.
Dann noch ein bisschen Ipanema Strand und anschließend eine verdammt lange Busfahrt zurück nach Niteroí. Zuerst erwischen wir den verkehrten Bus, fahren in die falsche Richtung und warten dann ewig lange auf die richtige Linie. Wir quetschen uns in den völlig überfüllten Bus und ich kann einen aufkommenden Klaustrophobieanfall nur mit Mühe unterdrücken. 1,5 Stunden stehend und zum Eiszapfen erstarrt halten wir es tapfer bis Niteroí aus. In Brasilien werden Klimaanlagen erbarmungslos betrieben, unabhängig von der Außentemperatur.
Ein wenig Kunst gibt es auch noch. Nicht in Rio, sondern in dem etwas stiefmütterlich behandelten Niteroí. Direkt an der Küste oberhalb eines Felsens thront eindrucksvoll, wie ein gelandetes UFO, das Museu de Arte Contemporânea de Niterói (MAC). Das Museum für zeitgenössische Kunst wurde von dem brasilianischen Architekten Oscar Niemeyer, unterstützt von dem Ingenieur Bruno Contarini entworfen. Durch die Fenster, die in einem 40° Winkel angebracht sind, hat man einen wunderschönen Blick auf die Bucht von Guanabara und Niterói selbst. Eine der ausstellenden Künstlerinnen ist Sonia Gomes, eine afro-brasilianische zeitgenössische Künstlerin aus Belo Horizonte, Brasilien. Die Kunstwerke, die sie aus Stoff, Drähten und anderen Gegenständen zusammengebastelt hat, gefallen mir.
Niteroí hat einige wunderschöne Strände, die nicht so überfüllt sind wie die Strände in Rio. Sie liegen allerdings nicht am Atlantik, sondern in der stark verschmutzten Guanabara-Bucht. Baden nicht empfehlenswert.
Zwischen unseren Ausflügen treffen wir noch Ricardo, ein Freund von meiner ehemaligen Arbeitskollegin Randee und ihrem Mann Ebi. Er lebt in Recreio dos Bandeirantes, 55 km von Niteroí entfernt. Für die Strecke brauchen wir mit Bus und Metro 1,5 Stunden. Mit Ricardo und seiner Frau Theresina verbringen wir einen unterhaltsamen Tag und lernen eine schöne Ecke abseits von Rio City kennen.
Um nicht zu Bewegungsmuffeln zu werden, kraulen wir in der zweiten Woche täglich, ausgestattet mit Flossen, Brille und Schnorchel, durch das clubeigene Schwimmbad mit 25 m Bahnen!
An unserem letzten Tag in Niteroí gibt es zum Abschluss noch ein gemeinsames Essen mit der inzwischen eingetroffenen SY 2nd try -2 und der Nadir.