Colonia del Sacramento/Uruguay 7968 sm von Stavoren
19.01. – 9.02.2019
Juan Lacaze – gefällt auf den zweiten Blick
19.01.2019 – 3.02.2019
Die Route durch den meist deutlich unter 20 m tiefen Rio de la Plata muss gewissenhaft gelegt werden. Wir hatten bisher meist nicht mehr als 5 m unter den Kielen. In den für die Berufsschifffahrt und Fähren ausgebaggerten Fahrrinnen sind es auch schon mal 13 m. Der Fluss ist gespickt mit Wracks. Nicht alle sind mit genauen Tiefenangaben in der Karte verzeichnet. Manche sind überhaupt nicht erfasst. Augen auf und durch 😉 !
Nochmal einen Blick zurück auf die Skyline von Montevideo. Nicht zu übersehen ist der Torre Antel. Mit seinen 157 m hat er die gleiche Höhe wie der Kölner Dom. Der Turm ist Eigentum des staatlichen Telekommunikations-Unternehmens ANTEL. Den Panoramablick von dort oben konnten wir nicht genießen. Entweder hatte er zu oder das Wetter war schlecht. Sehr bedauerlich, zumal das Gebäude von dem Architekten Carlos Ott entworfen wurde. Wie wir erfahren haben, ist Ott ein gängiger Name in Uruguay. Wo die Otts sich so überall herumgetrieben haben.
Die Nadir ist auf den 82 sm von Montevideo bis Juan Lacaze wieder die Hauptattraktion. Ein Holzfrachter kommt ihr bedrohlich nahe und sie muss die Bremse anziehen, um ihn passieren zu lassen.
Bei einer Kaperfahrt im Südatlantik war das 186 m lange deutsche Panzerschiff, die Admiral Graf Spee, im Rahmen des Handelskrieges mit den alliierten britischen Einheiten wegen dringender Reparaturarbeiten auf dem Weg nach Mondevideo, um wieder seefähig zu werden. Sie wurde jedoch von der Regierung Uruguays gezwungen, den Hafen zu verlassen, ohne die notwendigen Reparaturarbeiten durchführen zu können. Der Kommandant Hans Langsdorff sah sich in einer aussichtslosen Lage und gab am 13.12.1939 den Befehl den Kahn zu versenken. Auf keinen Fall sollten die Graf Spee und ihre Militärtechnologie den englischen Kriegsgegnern in die Hände fallen. Er ordnete an, dass sich die Crew in Sicherheit bringt. Diese rettete sich nach Buenos Aires, wo sich Hans Langsdorff das Leben nahm. Unsere Route führt dicht an dem auf 8 m liegenden geschichtsträchtigen Schiff vorbei.
Auf dem Highspeedway, den wir gemieden haben 😉 , ist die Nadir wieder auf Kuschelkurs. Diesmal mit der 16 m langen Fähre C-Diver, die mit 12 kn unterwegs ist.
Verlässt man einen Hafen in Uruguay, notiert die Prefectura die geplante Abfahrtszeit und informiert den Hafen, den man als nächstes anläuft, über die geplante Ankunftszeit. Kurz vor Ablegen muss die Prefectura des Hafens per Funk kontaktiert werden. Ungefähr eine Stunde vor Ankunft muss der neue Hafen angefunkt werden. Nach dem vorhergesagten Wind müssten wir so gegen 22 Uhr in Puerto Sauce /Juan Lacaze ankommen. Bei unbeständigem und anfangs deutlich schwächerem Wind als vorhergesagt, wird das mit 22 Uhr nichts. Um 21:30 Uhr werden wir von der Prefecturo aus Puerto Sauce angefunkt, warum wir uns noch nicht gemeldet haben. Walter wird in perfektem Spanisch aufgefordert die Postition (und das in Zeiten von AIS) und die Nummer des Reisepasses durchzugeben. Das wir erst so gegen 1:30 Uhr ankommen werden, verwundert sie ein wenig. Wir gehen mal davon aus, dass der ganze Zirkus ausschließlich unserer Sicherheit dienen soll.
In Puerto Sauce werden wir von ohrenbetäubendem Diskolärm aus dem Yachtclub empfangen. Im Muringfeld ist kein freier Platz mehr und am Steg garantieren die Muringtonnen, aufgrund ihres geringen Abstandes zu unserem Boot, kein sicheres Festmachen. Das fängt ja schon gut an. Die Nadir kommt kurze Zeit später an und wir trinken, trotz fortgeschrittener Stunde, noch gemeinsam ein Anlegerbier. An Schlaf ist sowieso nicht zu denken. Morgen werden wir uns im Hellen einen besseren Platz suchen. Der Hafen ist mit Abstand der günstigste in Uruguay. An der Muringtonne zahlen wir für unser Boot 6 Euro/Tag. Am Steg kostet es das Doppelte. Wasser und Strom ist nicht inklusive. Für Wasser werden bei Verbrauch pauschal 7 Euro!! kassiert. Strom brauchen wir nicht. Unser Energiemanagement geht erfreulich gut auf.
Am nächsten Morgen paddelt aus dem Muringfeld ein Segler zu uns hinüber um hallo zu sagen. Irgendwie kommt er uns bekannt vor. Wir können ihm aber auf unserer bisherigen Reise nicht begegnet sein, da er von den Falklandinseln nach Puerto Sauce gesegelt ist. Gerne kommt er auf eine Tasse Kaffee an Bord und freut sich mal wieder deutsch sprechen zu können. Als er sich mit Thies vorstellt, ist uns klar wer bei uns an Bord ist. Thies Matzen, eine Seglerlegende 🙂 ! Seine Frau Kicki ist zurzeit in Deutschland. Seit 30 Jahren lebt er gemeinsam mit ihr auf der 1952 gebauten „Wanderer III“, einem 9,30 m großen Segelboot aus Holz. Als 24 jähriger hat er das Boot von dem Ehepaar Hiscock gekauft. Die Hiscocks segelten in den 50er Jahren als erstes Ehepaar ohne Rekordabsichten um die Welt. Die Wanderer III gilt seither als die Mutter aller Fahrtensegler. Das Boot hat noch die ursprüngliche Ausstattung. Lediglich einen Ofen hat Thies Matzen mit Erlaubnis der Hiscocks eingebaut. Zwei Jahre lang haben Thies und Kicki an Bord ihrer Wanderer III in den Buchten der antarktischen Insel Südgeorgien alleine gelebt. Es lohnt sich, die beeindruckenden Bilder im Internet anzuschauen. Von dem Cruising Club of America erhalten die beiden Ausnahmesegler 2012 als erste Deutsche die höchste Seglerauszeichnung. Nicht für irgendwelche Rekordfahrten, sondern für das außergewöhnliche Leben welches sie gewählt haben. Susan und Eric Hiscock haben 1955 für ihre Leistung auch die Blue Water Medal erhalten. Somit erhielt die Wanderer III zweimal den „Nobelpreis des Segelns“. Bevor Thies zurück zu den Falklandinseln segelt, trinken wir einen Kaffee auf der Wanderer III. Wir betreten das Boot, mit seiner so bewegenden Geschichte, voller Ehrfurcht.
Juan Lacaze ist mit seinen 14.000 Einwohnern kein wohlhabender Ort. Über viele Jahre war die Papierfabrik FANAPEL der Hauptarbeitgeber. Im Dezember 2016 entschied das Management von Fanapel Arbeiter zu entlassen. Die industrielle Hochburg von Juan Lacaze geriet ins Wanken. Mitte Februar 2017 wurde die endgültige Schließung der Papierfabrik angekündigt. Die leerstehenden Fabrikgebäude und Anlagen beherrschen das Bild der kleinen Stadt.
Die Suche nach einem Restaurant erweist sich als schwierig. Das im Internet mit fast 5 Sternen bewertete „La Casa del Lago“ bietet anscheinend inzwischen andere Dienste an. Eine akzeptable Wochenend-Pizza finden wir schließlich im „El Cascote“, welches nur von Fr-So geöffnet hat. Viel schöner ist das gemeinsame Grillen auf den Hafengrills, die auf dem großen Gelände mit großer Wiesenfläche und den vielen unterschiedlichen Bäumen zur freien Verfügung stehen. Gutes Fleisch und leckere Würstchen gibt es bei einem Metzger um die Ecke.
Aufgrund fehlender Schwimmstege ist es bei Hochwasser oftmals eine Herausforderung wieder an Bord zu kommen. Insbesondere nach einem Grillabend 😉 . Rippenprellungen, Blutergüsse und ein aufgeschlagenes Knie sind die Folge, wenn Frau daneben tritt und sich schwimmend im Hafenbecken wiederfindet!
Als ich wieder einigermaßen beweglich bin, machen wir einen Ausflug mit unserem aufblasbaren Kanu von Gumotex. Der ist schnell beendet, nachdem wir mit einer dicken schwarzen Wolkenwalze im Rücken wie die Weltmeister zurück in den Hafen paddeln. Ich werde leicht panisch und male mir schon aus, wie ich den über uns hinwegrollenden Pampero ohne Schaden überstehe. Alles sieht schlimmer aus als es ist und nach wenigen Tropfen Regen ist der Spuk vorbeigezogen.
In der Nacht kommt dann doch noch ein richtig fetter Sturm, mit sintflutartigen Regenfällen. Deniz, unser türkischer Nachbar, hat in Böen 70 kn gemessen. Das Biminigestänge sichern wir wieder mit Tau. Problem ist, dass der Sturm den Regen genau waagerecht in unser Cockpit treibt und hinein in die nach vorne offenen Schienen des Schiebeluks. Das Wasser läuft unter die Decke und in der Nähe unserer ganzen Elektrik wieder aus der Decke hinaus. Mit Handtüchern versuchen wir den Wasserfluss zu bändigen und größere Schäden zu verhindern. Die Elektrik bleibt zum Glück verschont. Das Verschließen der offenen Schienen ist auch ein Punkt auf unserer To-Do-Liste. Da wir eher an Wassereinbruch bei einem möglichen Kentern gedacht haben (Wahrscheinlichkeit gering) und nicht an Wassereinbruch durch Regen, ist der Punkt noch unerledigt.
Uns gefällt die kleine Stadt Juan Lacaze, mit seinen freundlichen Menschen, den Baumalleen, den Stränden, nicht alle zum Baden empfehlenswert und dem familiären Hafen Puerto Sauce.
Nicht weit vom Hafen entfernt ist die Playa Verde. Baden verboten!
Was machen wir sonst noch so?
In 2015 haben wir uns von der Segelwerkstatt Stade wegen eines Großsegels beraten lassen. Wir sind mit allen Segeln, die wir dort haben anfertigen lassen zufrieden. Diesmal war die Beratung und was danach kam gründlich in die Hose gegangen. Einzelheiten schildern wir später mal in einer neuen Kategorie „Tops und Flops“. Der Rahmen dieses Beitrages würde ansonsten gesprengt. Fakt ist, dass die von Herrn Nickel verkauften Rutscher für unsere Mastnut ungeeignet sind. Mehrere Rutscher sind bei kräftigerem Wind schon gebrochen, der Kopfbrettrutscher schon mehrfach Ein sicheres Weitersegeln ist mit dem jetzigen System unmöglich. Nach wochenlangen Recherchen und Beratung durch unseren Freund Tilmann, haben wir uns für ein System mit außenliegender Schiene von Harken entschieden. Diese wird an der Mastnut montiert, in die dann die Gleitrutscher eingefädelt werden. Die kugelgelagerten Rutscher waren uns zu teuer und bauen auch deutlich höher auf. Das System bestellen wir über die sehr kooperative Firma Peter Frisch in München, immerhin mit einem Nickel-Händlerrabatt.
Das Loch für den Kopfbrettrutscher wurde viel zu weit an den Rand gesetzt. Was hat sich die Segelwerkstatt Stade dabei gedacht?
Wir kontaktieren Thomas und Claudia Korf, Transocean (TO)-Stützpunktleiter in Piriapolis, die sich mit dem Versandprozess von Deutschland nach Uruguay aber nicht wirklich auskennen. Sie verweisen uns an Jorge Diena, den deutsch sprechenden TO-Stützpunktleiter in Montevideo. Jorge empfiehlt uns dann letztendlich den englisch sprechenden Frederico Grunwald, einen Agenten in Colonia de Sacramento. Die Organisation über Frederico ist nicht ganz preiswert, aber problemlos und schnell. 10 % des Warenwertes geht an den Agenten, der Rest der etwa 500 Euro sind für Transportkosten vom Flughafen Montevideo nach Colonia del Sacramento und diverse Gebühren für Flughafen und Zoll. Nachdem alles in die Wege geleitet ist, liegen die Pakete innerhalb einer Woche beim Zoll in Montevideo und werden nach Colonia del Sacramento, unserem nächsten Hafen transportiert.
Die drei großen Frontfenster unseres Salons sind nicht dicht. Bei unserem letzten Deutschlandaufenthalt haben wir Moosgummi mit einer höheren Dichte besorgt. Das zurzeit trockene und windstille Wetter nutzen wir aus, um die Fenster auszubauen. Es sind pro Fenster knapp 50 Schrauben zu lösen und die Scheiben und Rahmen vom alten Dichtgummi zu reinigen. Wo die Scheiben nun einmal draußen sind, werden sie auch gleich aufpoliert. Inzwischen sind wir bei Fensterausbau und -einbau schon ein eingespieltes Team.
Colonia del Sacramento – Besuch aus Costa Rica
3.02. – 9.02.2019
Die 24 sm nach Colonia del Sacramento sind gemütlich. Das einzige Highlight ist, dass wir die Nadir überholen. Grund kann nur der starke Bewuchs an ihrem Unterwasserschiff sein 😉 .
Wir gehen an eine Muringtonne, die mit 15 Euro halb soviel wie ein Platz am Steg kostet. Die Formalitäten bei der Prefectura, die einen Holzverschlag direkt im Hafen hat, sind schnell erledigt.
Unser Mastrutschersystem kommt mit einem Transporter voller Pakete vom Flughafen Montevideo. Wir sind nicht die einzigen, die den relativ unkomplizierten Versand ausnutzen. Die Argentinier schippern mal schnell über den Rio de la Plata und beladen ihre Boote mit bestellter Ware.
Bevor wir die Pakete mit unserem Schlauchboot zu der an einer Mooring schwimmenden Aloma transportieren dürfen, überzeugen sich die freundlichen Zollbeamten noch davon, dass der Paketinhalt auch wirklich für ein existierendes Boot ist. Eine Bootssichtung aus der Ferne reicht ihnen.
Colonia del Sacramento ist im 17. Jahrhundert gegründet und die älteste Stadt Uruguays. Ihre Altstadt wurde von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.
Sascha, ein Freund aus Deutschland, lebt seit 17 Jahren in Costa Rica und ist dienstlich in der Nähe von Colonia unterwegs. Zwei Tage lang bekommt er das Bordleben auf der Aloma mit. Für die Zeit verlegen wir die Aloma der Einfachheit halber an den Steg.
Einen Tag begleiten wir Sascha auf seiner Dienstreise, die durch das einsame Hinterland von Colonia führt.
Auf der Rückfahrt machen wir noch einen Abstecher an den Strand von Santa Ana.
Es war schön, dass wir uns hier in Uruguay getroffen haben. Sascha muss weiter nach Montevideo und wir gehen bis zur Weiterfahrt nach Buenos Aires zurück an die Muringtonne. In ein paar Tagen werden wir uns in Buenos Aires noch einmal wiedersehen.