Seitenwechsel!

image005image006Geduldig haben wir in der rappelvollen Marina Scheveningen auf ein passendes Wetterfenster für die Weiterfahrt gewartet. Als sich dann für Montag und Dienstag abzeichnete, dass der Wind zwar nicht für die belgische Küste aber für eine Überfahrt nach England brauchbar sein könnte, haben wir unseren ursprüng-lichen Plan geändert. Für die Nachtfahrt mit kräftigem Wind aus NO heißt es erstmal Boot und Crew vorbereiten. BaTi  zieht von seinem Plätzchen mit Ausicht an einen sicheren Platz im Bücherregal um. Ach ja, woher kommt der Name BaTi. BaTis Eltern sind Bartos und Tina (wobei Christine kräftig mitgemischt hat 😉 ). Die Genua 3 (das ist ein kleines Vorsegel) fädeln wir in die zweite Rollanlage ein. Damit sind wir vorsegeltechnisch bis mindetens 8 Bft gerüstet. Ins Großsegel binden wir das erste Reff ein. Seekarten, Strömungsdaten und Einklarierungsvorschriften werden vorbereitet und die geplante Route im Navigationsplotter erstellt.

Montag 13 Uhr legen wir mit Ziel Dover ab. Der Wind bläst wie vorhergesagt mit 5-6 Bft aus NO und sorgt für einen schnellen Start. Da das zu durchquerende Seegebiet mit Verkehrstrennungsgebieten (das sind Einbahnstraßen für die Groß-schifffahrt) gespickt ist, können wir nicht den direkten Kurs Dover steuern. Zunächst geht es nach Westen wo wir der vorgeschriebenen Fahrtrichtung folgen. Wind und 2m Welle kommen sehr raum (schräg von hinten) und sorgen für eine unangenehme Rollbewegung. Der Großbaum wird daher mit einem Bullenstander (Tau, das ein nicht gewolltes umschwenken des Großbaums auf die andere Seite verhindert) versorgt. Obwohl der weibliche Teil der Stammcrew vorsorglich ein Pflaster gegen Seekrankheit hinters Ohr geklebt hat, scheint die Wirkung doch eher fraglich. Selbst BaTi wird etwas blass um die Nase, hält sich aber wie die restliche Crew wacker. Außerdem setzt uns die Schweinekälte von 5° C (gefühlt unter Null) arg zu.image002image001

Selbst dickst verpackt und in Decken gehüllt, finden wir Wintersegeln nicht wirklich spaßig. Gegen Mitternacht verlassen wir das Verkehrstrennunsgebiet und kurz darauf gehen immer wieder kräftige Schauer nieder, die die Windstärke kurzfristig auf 7 Bft ansteigen lassen. Dann fahren wir in das vorhergesagte Flautenloch und die Segel werden von Mr. Yanmar abgelöst. Immerhin können wir jetzt die Motorabwärme zum Heizen nutzen. Immer noch schauerts heftig und nur unser Bimini verhindert, dass wir im Cockpit absaufen. Erst im Morgengrauen kommt der Wind wieder und das nicht zu knapp. Nur unter Genua 3 geht’s jetzt weiter Richtung Dover. Nachdem wir die Goodwin Sands an Steuerbord (rechts) gelassen haben, legen wir die letzten Seemeilen bis Dover unter Maschine zurück. Der Wind bläst uns jetzt auf die Nase, hat aber erfreulicherweise nachgelassen und die Sonne lässt es sich nicht nehmen die Kalkfelsen von Dover im besten Licht erscheinen zu lassen. Vorschriftsmäßig melden wir uns zwei Seemeilen vor dem Hafen bei Dover Port Control an. Und dann nochmal kurz vor der Einfahrt, worauf die Einfahrtssignale für uns auf grün geschaltet werden.
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Zunächst gehen wir im Tidal Harbour hinter dem dort stationierten Rettungsboot längsseits. Auf dem Weg zum Hafenmeister werden wir von zwei Zollbeamten abgefangen und sehr höflich ausgefragt 🙂 . Hauptsorge ist, dass wir Flüchtlinge nach GB einschleusen könnten. Anscheinend wirken wir vertrauenswürdig und auf eine Inspektion des Bootes wird verzichtet. Nach zweistündiger Wartezeit wird das Tor zur Granville Dock Marina geöffnet und wir wechseln auf unseren endgültigen Liegeplatz. Die Wartezeit nutzen wir zum Aufklaren der Aloma und für einen heißen Eintopf reicht die Zeit auch noch.
136 Seemeilen in 24 Stunden liegen hinter uns und wir fallen erschöpft in unsere Kojen um den versäumten Schlaf nachzuholen. Wie es weitergeht, hängt mal wieder vom Wetter ab.