23.11.2019 Position: 51° 42′ S, 57° 51′ W 20:24 UTC 1385 sm
Kein roter Teppich
Gestern so gegen 23 Uhr ist der Wind wieder weg und kommt auch nicht mehr wieder. Wir motoren durch die Nacht und haben morgens für die Ansteuerung von Port Stanley eine klassische Doppel-Null-Situation. 0 Bft – 0 % Bedeckunsgrad! Die Sonne scheint bei 7,4° C von einem wolkenlosen Himmel. Wir Glücklichen! Von Weitem sehen wir, dass ein kleines Kreuzfahrtschiff außerhalb des Hafens vor Anker liegt. Die Bordgäste werden mit geschlossenen wetterfesten Booten an den Public Jetty gebracht. Es herrscht ein reges Hin- und Herfahren.
Wir dürfen am East Jetty längsseits gehen und dort bleiben, so lange wir wollen. Nach 30 Tagen kann man eine einmalige Verlängerung von nochmal 30 Tagen bekommen. An dem Jetty liegt ein 70 Fuß Alusegler aus Brasilien. An ihm machen wir längsseits fest. Etwas mühselig, da er keinerlei Klampen hat. Das ehemalige Regattaboot ist dafür mit reichlich Winschen ausgestattet, über die die Palsteks unserer Festmacher gelegt werden. Morgen oder übermorgen plant er nach Ushuaia abzulegen. Dann rücken wir an die Spuntwand. Nicht ideal zum Festmachen. Wir werden unser Fenderbrett aus der Backskiste kramen müssen. Das Städtchen Stanley liegt direkt vor uns. Die Dächer in knall rot, gelb, grün und blau strahlen im Sonnenschein um die Wette. Ein fröhlicher Anblick.
Es dauert nicht lange und wir bekommen Besuch von einem jungen netten Zollbeamten. Formulare müssen ausgefüllt werden, auf denen unter anderem auch Fragen nach bestimmten Lebensmitteln zu beantworten sind und ob wir ein benutztes Zelt, Wanderschuhe usw. an Bord haben. Auf unserer Radtour haben wir gezeltet, sagen wir dem Beamten wahrheitsgemäß. Ach, wir sollen auf dem Formular die Frage mit nein beantworten. Er sitzt im Cockpit wie festgeklebt und macht sich nicht die Mühe die ALOMA von innen zu besichtigen. Abschließend geht sein Blick zum Mast hoch und er stellt erfreut fest, dass wir die englische Gastlandflagge gesetzt haben. Sein Kommentar: „Very important“!
Was wir bei unserer Ankunft vermisst haben, ist der rote Teppich. Hätten wir eigentlich verdient, nachdem wir nun echte Seebären sind. Tilmann unser Wettermann hat uns in einer E-Mail mitgeteilt, dass er für einen roten Teppich alle Hebel in Bewegung setzen wird. Einen über Argentinien zu besorgen, ist gescheitert (hätten wir ihm gleich sagen können), einen über Amazon bestellen, hat auch nicht geklappt. Zu guter letzt sollte ein Schäfer von den Falklands einen knüpfen. Der hat angeblich kein rotes Schaf gefunden. Können wir nicht so wirklich glauben. Bei so viel bunten Dächern in Stanley muss es auf den Inseln auch irgendwo ein rotes Schaf geben. Inzwischen denken wir, dass Tilmann uns eine Käpt’n Blaubärgeschichte aufgetischt hat.
In den kommenden Tagen werden wir mit Bootsreinigung und Ersatzteilbeschaffung beschäftigt sein. Heute Abend läd Walter mich zum Essen ein. Wir freuen uns schon auf das erste Bier nach unserer 14-tägigen Abstinenzphase.