15.11. – 16.11.2019 Position: 46° 17′ S, 60° 11′ W 23:55 UTC 880 sm
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Tilmann berichtet aus der Wetterküche, dass für unsere geplante Ankunft auf den Falklands hohe Wellen und Sturm mit Orkanböen auf uns warten. Wir könnten vorher da sein. Liegen gut in der Zeit. Mit 20 kn Wind, raum bis achterlich und nur mit Genua 1 im 1. Reff, rauschen wir dahin. Macht Spaß. Von jetzt auf gleich kommt heftigster Regen und die Windgeschwindigkeit springt hoch auf 50 kn. Viel zu viel Tuch draußen. Walter eilt mit Rettungsweste und eingepickt mit Lifeline ins Cockpit. Für Ölzeug ist keine Zeit mehr. Er schafft es die Genua auf Handtuchgröße einzurollen. Die klatschnassen Klamotten trocknen wir auf unseren Heizkörpern. Eine Stunde lang bläst es in dieser Stärke weiter.
Während des Sturms kommt ein penetranter Alarm vom Bediendisplay des SailingGen (Stromgenerator am Heck), mit dem Hinweis Batterien voll. Wir schalten ihn ab. Als wir ihn später wieder einschalten, bringt der Generator keine Leistung mehr. Vielleicht die interne Sicherung durchgebrannt? Wir wissen es nicht. Ohne diese Möglichkeit der Energiegewinnung beschließen wir den Motor zu starten, um die Lithiumbatterien für die Nacht zu füllen.
Der Motor startet, es kommt aber kein Kühlwasser aus der Kontrollöffnung und dem Auspuff. Mein Bordingeneur kontrolliert alles im Motorraum und es ist schnell klar, dass das Problem hinter dem Grobfilter auf der Motorseite liegen muss. Es könnte der Impeller sein, der gerade im Club de Veleros Barlovento gewechselt wurde. Erreichbar ist das Teil nur liegend durch eine Inspektionsluke. Wir beschließen aufgrund des immer noch heftigen Windes für diese Aktion beizudrehen, doch die Genua lässt sich nicht mehr einrollen. Irgend etwas hat sich verklemmt. Walter begibt sich aufs Vordeck, kann aber die Ursache im Dunklen nicht feststellen.
Es bleibt uns nichts anderes übrig als die Arbeit bei immer noch 6 bft in Böen 7 , mit heftigen Bootsbewegungen, in Angriff zu nehmen. Keine einfachen Bedingungen. Der Impeller sieht noch super aus. Walter findet heraus, dass die Dichtung der Wasserpumpe undicht ist. Luft und ein wenig Öl hat den Weg in das Gehäuse der Wasserpumpe gefunden. In dem Moment meldet unser Plotter, dass ein Radar-Overlay nicht mehr möglich sei. Es ist kein Kartenbild mit Tiefen mehr zu sehen. Walter startet unsere Reservenavigation iSailor auf einem Tablet. Alle 10 Minuten verliert das System den Kontakt zu GPS und AIS und schlägt laut Alarm.
Inzwischen gibt es so viele Dinge, die falsch laufen, dass wir eine Liste machen müssen. Einen klaren Kopf bewahren und nicht in Panik geraten ist Priorität 1. Dann muss versucht werden den Motor wieder ans Laufen zu bekommen. Ohne Elektrizität wird es recht „dunkel“ auf der ALOMA. Keine Heizung, kein Autopilot (Handsteuerung), kein Radar, Kühlschrank ist bei 10, teils unter 10 Grad nicht mehr wichtig. Eine Ersatzwasserpumpe oder einen Dichtring haben wir nicht. In Deutschland hat Walter einen Dichtring bestellt und es wurde ihm versichert, dass wir vor Abflug noch einen bekommen. Nichts kam. Es muss nun versucht werden den Motor irgendwie anders zu kühlen. Mein Bordingeneur findet für fast alles eine Lösung . Die Deckwaschpumpe verbindet Walter mit einem Schlauch mit der Motorkühlung. Es dauert die halbe Nacht bis alles erledigt ist. Ich, die Stauraumverwalterin, krame tief im Bauch der ALOMA nach allen erforderlichen Ersatzteilen. Die Schläuche braucht man nicht unbedingt täglich. Verstaut sind sie daher in einer Bilge, die durch einen Schrank erreichbar ist. Vorher muss der Brotbackautomat, die Nähmaschine, Ersatzteil Hydraulikpumpe Autopilot und diverse andere Teile aus dem Schrank geräumt werden. Alles rutscht wie wild hin und her. Alle Unterlagen, die einigermaßen rutschfest sind, breite ich auf dem Boden aus, um alles so gut es geht zu fixieren.
Aber nach einem schwarzen Freitag kommt manchmal ein strahlender Samstag. Morgens haben wir als erstes die Genua 1 gecheckt. Walter hat schon damit gerechnet in den Mast gehen zu müssen, was ihm bei diesen Bedingungen etwas Angst macht (mir auch). Wir finden eine verklemmte Leeschot, die eigentlich nicht das Problem sein kann. Der Versuch, die Genua zu rollen klappt aber einwandfrei. Danach wird der Motor gestartet. Motor an, Deckwaschpumpe an und alles läuft perfekt. Es ist möglich in etwas mehr als einer Stunde 130 AH in die Batterien zu laden. Der Motor wird nicht heiß. Wir glauben, dass der Motor bei niedriger bis mittlerer Drehzahl kein Problem machen wird. Den Plotter schalten wir nochmal neu ein. Alles funktioniert wieder. Keine Ahnung was los war. Um den SailingGen kümmern wir uns vorerst nicht. Mit einem funktionierenden Motor produzieren wir ausreichend Energie.
Wir haben inzwischen beigedreht und treiben zurzeit mit ca. einem Knoten ungefähr zwischen dem 46° und 47° Süd. Urlaub auf dem Südatlantik. Bis Mittwoch werden wir wahrscheinlich daran nichts ändern. Nach den ganzen Aktionen schlafen wir erstmal ein paar Stunden. Ich koche Nudeln mit Tomaten-Tunfisch-Kapern-Soße. Während ich schreibe, schnarcht Walter tief und fest neben mir. Er hat es verdient, mein geliebter Held! Gerade kommt von Tilmann Neues aus der Wetterküche. Für heute Nacht sind 7 Bft mit 9er Böen angesagt. Wird wieder ruppig auf der ALOMA.