Montevideo/Uruguay 7862 sm von Stavoren
6.01. – 19.01.2019
Vorerst gibt es keine langen Törns mit Nachtfahrten mehr. Nur noch kurze Tagesschläge. Auch mal schön.
Piriapolis – Stadt der Seelöwen
6.01. – 11.01.2019
Kurz nach 6 Uhr legen wir in La Paloma ab, um die 69 sm bis nach Piriapolis noch im Hellen zu schaffen. In der Abdeckung des Breakwaters setzen wir das Großsegel und warten vergeblich auf den angekündigten Wind. Erst drei Stunden später können wir bei 4 Bft aus NNO eine knappe Stunde lang segeln. Dann ist wieder Motorunterstützung angesagt.
Erfreulich ist, dass Gustav unser Autopilot eisern seinen Dienst tut. Das Reinigen der Kohlebürsten, Entgraten der Kohle und Staub absaugen war wohl die Lösung des Problems 🙂 .
Als wir Punta del Este, das St. Tropez von Uruguay, querab haben, beginnt sich so langsam das Wasser des Atlantiks mit dem braunen Flusswasser des Rio de la Plata zu vermischen. Die Nadir ist wieder ein dankbares Fotomotiv. Ansonsten ist nicht viel zu sehen.
Punta del Este haben wir im Juni vergangenen Jahres besichtigt. Das werden wir uns nicht nochmal antun. In der Marina müssten wir jetzt für unser Boot 150 Euro/Tag berappen. Was für ein Irrsinn. Damals sind wir mit Flugzeug und Bus von Salvador nach Montevideo gereist, um von dort aus einen dreimonatigen Heimaturlaub anzutreten. Eigentlich war geplant zusammen mit der Aloma in Uruguay zu sein. Wegen eines Getriebeschadens musste sie aber in Salvador bleiben und wir für 3 Monate Brasilien verlassen.
In der Marina von Piriápolis, dem ältesten Seebad Uruguays, machen wir kurz vor Sonnenuntergang am Steg fest.
Unsere Reisepässe bekommen am nächsten Tag von der Immigration Einreisestempel mit Datum 7.1. verpasst. In La Paloma gab es keine Immigration. Dass wir bereits seit dem 20.12. in Uruguay sind, interessiert keinen. Mit 55 Euro/Tag sind die Hafengebühren in Piriapolis dreimal so hoch wie in der Vor- und Nachsaison. Lange werden wir hier nicht bleiben. Die Tage nutzen wir, um unsere angesammelten Wäscheberge mit Rucksäcken und Reisetaschen in eine Wäscherei zu schleppen und die Seelöwen in der Marina zu beobachten. Jeden Morgen tummeln sich die Schwergewichte im Hafenbecken der Fischerboote und freuen sich auf die Fischabfälle, die ihnen vor die Schnauze geworfen werden. Wie es die bis zu 300 Kilogramm schweren Biester schaffen, sich aus dem Wasser auf die Hafenmole zu schwingen, bleibt uns verborgen.
Hier in Piriapolis erleben wir einen echten Pampero. Der aus dem Süd-Westen kommende Wind drückt uns vom Steg weg. Andere haben da weniger Glück. Das Biminigestänge sichern wir vorsichtshalber mit einem Tau. Die Aloma übersteht alles ohne Schaden. Auf dem Nachbarboot hat man alle Mühe das wild flatternde Sonnensegel unter Kontrolle zu bekommen.
Am Morgen, vor unserer Weiterfahrt nach Montevideo, muss ich beim Öffnen der Badtüre Wasseralarm geben. Sauberes! SALZWASSER sprudelt munter über die Toilettenschüssel und hat bereits mit etlichen Litern Bilgen im Badezimmer und der Pantry geflutet. Die Fehlbedienung des Ventils um drei Uhr in der Nacht ist eindeutig einer Person zuzuordnen 🙂 ! Ich bin fein raus! Der Schwanenhals mit Belüfter ist nicht ausreichend hoch angebracht. Hatten wir schon vor einiger Zeit festgestellt. Was man nicht sofort macht, rächt sich! Wird vergessen das Ventil nach Toilettenbenutzung von Wasser rein auf Wasser raus zu stellen, hat man die Sauerei. Bis zu unserer Abfahrt sind wir drei Stunden damit beschäftigt, die Bilgen leerzuräumen, Wasser abzupumpen und alles mit Süßwasser zu säubern. Zum Glück ist das meiste in Plastikboxen verstaut. Nur die vielen Kaffeepakete müssen einem Süßwassertauchbad unterzogen werden. Das Höherlegen des Schwanenhalses rückt auf Position 1 unserer To-Do-Liste.
Montevideo – Probier‘s mal mit Gemütlichkeit 🙂
11.01. – 19.01.2019
Auf den 44 sm bis Montevideo bläst der Wind, wie fast immer, aus nicht vorhergesagten Richtungen. Das Wasser des Rio de la Plata ist unangenehm kabbelig und es kommt ein Feeling wie auf dem Ijsselmeer bei Starkwind auf.
Die Nadir ist schneller als wir. Vorteil für uns! Gucky sitzt bei unserem Eintreffen im Yachtclub Buceo schon einsatzbereit im Schlauchboot, um uns beim Festmachen an der Muringtonne behilflich zu sein 🙂 .
Außer dem Yachtclub gibt es keine Marina in Montevideo. Schon erbärmlich für eine 1,4 Mio. Stadt. Immerhin lebt hier fast die Hälfte der Bevölkerung des kleinen Landes Uruguay. Während unseres gut einwöchigen Aufenthaltes regnet es fast jeden Tag und bei dem häufig kräftigen Wind tanzt die Aloma an der Muringtonne auf und ab. Die zwei sonnigen Tage nutzen wir, um gemeinsam mit Rena und Gucky durch Montevideo zu schlendern, leckere Steaks zu essen und das ein oder andere Bierchen zu trinken. Wenn einer Fleisch kann, dann sind es die Uruguayer. Auf einen Uruguayer kommen 4 Rindviecher, die auf den endlos weiten Pampassteppen grasen.
Wir erleben, anders als bei unserem letzten Besuch im Juni 2018, Montevideo mit Blättern an den Bäumen. Nahezu jede Straße ist eine grüne Allee.
Die Stadt strahlt mit ihren renovierungsbedürftigen Colonialbauten einen sympathisch morbiden Charme aus. Keine Großstadthektik, alles ganz beschaulich und entspannt. Vielleicht liegt es ja am Matetee, der überall in Uruguay getrunken wird. Männer tragen eine Thermoskanne wie ein Baby im Arm, das Trinkgefäß mit dem Kraut und der metallenen Trinkhilfe „bombilla“ in der Hand. Frauen schieben den Kinderwagen und dürfen zwischendurch mal an dem Trinkröhrchen saugen. Bei den Behörden stehen die Becher auf den Schreibtischen. Beim Entspannen auf der Parkbank oder beim Angeln, überall ist Mate dabei. Vielleicht liegt die Entspanntheit der Uruguayer aber auch daran, dass der frühere Präsident Jose Mujica in 2013 ein Gesetz zur Legalisierung von Freizeit-Cannabis unterzeichnet hat. Das soll dem Schwarzmarkt die Kiffer-Kundschaft nehmen. Jeder Uruguayer darf, nachdem er in ausgewählten Apotheken seinen Fingerabdruck hinterlassen hat, 40 Gramm pro Monat kaufen und daheim sechs Hanfpflanzen anbauen. Touristen gehen in der Apotheke leer aus. Gras „verschenken“ ist allerdings nicht verboten 😉 .
Im Juni 2018 haben wir das Theater Solís nur von außen besichtigt und freuen uns jetzt auf die kostenlose Führung, die jeden Mittwoch durch das zweitgrößte Theater Südamerikas angeboten wird. Der Andrang ist groß. Der Anteil englischsprachiger Besucher gering. Wir genießen den Rundgang in der kleinen Gruppe.
Der große Theatersaal fasst 1500 Besucher. Die Logen direkt an der Bühne waren früher die teuersten. Nichts sehen aber gesehen werden 🙂 !
Der gläserne Präsidentenpalast steht direkt am „Plaza de la Independencia“ mit dem Reiterdenkmal und dem darunterliegenden Mausoleum des Volkshelden José Artigas. Er war ein uruguayischer Freiheitskämpfer und wird als „Vater der Unabhängigkeit“ bezeichnet. Der Palacio Salvo, von dem italienischen Architekten Mario Palanti entworfen und 1925 fertiggestellt, war mit seinen 95 Metern und 27 Stockwerken lange Zeit das höchste Gebäude Südamerikas. In Buenos Aires steht das fast identische „Zwillingsgebäude“, der Palacio Barolo. Spaziert man direkt hinter dem Plaza de la Independencia durch den ehemaligen Eingang zur Festung (Puerta de la Ciudadela), kommt man in das historische Stadtzentrum Ciudad Vieja.
Das sich der Tango in Buenos Aires entwickelt hat, ist für die Bewohner Montevideos eine Legende. In Wahrheit soll es hier geschehen sein, in der Altstadt von Montevideo. Ein andauernder Streit zwischen Montevideo und Buenos Aires. Wir halten uns da mal schön raus! Am Plaza Fabini, mit dem Monumento El Entrevero, treffen sich an jedem Wochenende all die, die gerne Tango tanzen und die, die keinen haben der mit ihnen tanzt. Hier bin ich genau richtig. Walter hat Arthrose im Knie und kann nicht tanzen 😉 Nachdem ich die Tanzbegeisterten eine Weile beobachtet habe, entschließe ich mich doch einfach nur zuzuschauen 😉 !
La Cumparsita, „der Tango aller Tangos“, ist das Meisterwerk des Uruguayischen Komponisten Gerardo Matos Rodríguez.
Noch ein Bierchen mit Rena und Gucky auf dem Plaza Fabini und dann ein Stück entlang der Rambla, der 22 km langen Uferstraße, zurück zur Marina.
Der Yachtclub Buceo ist vor Südwind nicht geschützt. Ein Tag vor unserer geplanten Weiterfahrt bläst es heftig, genau aus Südrichtung und verursacht einen unangenehmen Schwell im Muringfeld.
Mit 4 Bft aus SO starten wir am nächsten Tag zu der 82 sm entfernten Marina Puerto Sauce in Juan Lacaze.