Ushuaia/Argentinien 10190 sm von Stavoren/NL
10.01. – 21.01.2020
Die Sonne blinzelt hin und wieder durch die Wolken, kein Wind, kein Regen. Apfelpfannekuchen und Kaffee auf dem Cockpittisch. Nichts wackelt. Auf unserer fünfstündigen Fahrt durch den Beagle Kanal von Puerto Williams nach Ushuaia können wir ganz entspannt die Aussicht auf das fantastische Bergpanorama genießen.
Im Club Náutico AFASyN haben sich schon einige Boote aus der Whatsapp Gruppe „Sailing South America 2019“ versammelt. Wir legen als viertes Boot im Päckchen an. Neben uns liegt die FRATELLI ein 50 Fuß Alu-Kimmkieler mit den Franzosen Ronan und Alain. Daneben der österreichische Katamaran HAMAKA, eine Lagoon 380 mit Ursula, Christof und ihrem Sohn Lukas als helfende Hand. MAX die Amel Supermaramu 54 mit Hervé und Corinne und ihren „Line-Handlern“ Hervé und Karel haben wir schon auf der Isla de los Estados kennengelernt. Sie liegen eine Reihe hinter uns. Einige Boote haben Gäste in Ushuaia, Puerto Williams oder auch schon früher an Bord genommen, um Unterstützung bei der nicht immer einfachen Ausbringung der Landleinen in den windigen chilenischen Kanälen zu haben.
Roxanna Transocean-Stützpunktleiterin und Comodore des Clubs fährt uns mit dem Auto zu allen Behörden und hilft beim Ausfüllen der Formulare. Heute ist ein ruhiger Tag und sie hat Zeit. So schnell haben wir die Einklarierungsformalitäten noch nie erledigt. Als Dankeschön laden wir Roxanna bei Tante Sara zum Essen ein. Sie begleitet mich auch zu den Einkaufsmöglichkeiten, abseits der langen touristischen Hauptgeschäftsstraße. Was für ein Service.
Ushuaia hat laut einer vor einigen Jahren durchgeführten Volkszählung inzwischen knapp 100.000 Einwohner. Die Stadt, ausschließlich auf Tourismus ausgelegt, ist ohne Herz und Seele. Kein Platz für eine eigene Kultur. Täglich legen im Schnitt vier Kreuzfahrtschiffe an. An manchen Tagen können es auch schon mal acht sein. Ein- bis zweimal in der Woche kommt ein Truck aus Buenos Aires mit Lebensmitteln, frischem Obst und Gemüse. Hier wird nichts Eigenes produziert. Die Einkaufsmöglichkeiten sind besser als in Puerto Williams und wir schleppen kiloweise Proviant für unsere lange Reise durch die chilenischen Kanäle auf die ALOMA. Wäschereien gibt es einige zur Auswahl. Eine gute Gelegenheit auch mal große Teile wie Bettwäsche, Decken und Jacken waschen zu lassen.
Eindrucksvoll ist das Bergpanorama, das Ushuaia umgibt. Zwischen all den Regentagen gibt es einen nahezu perfekten Tag für eine Wanderung. Um zu dem Startpunkt des „Recorrido Mirador de Beagle“ zu gelangen, müssen wir erst einmal einige Kilometer durch die Stadt, hinauf bis zu einem Hotel laufen. Danach führt der Weg durch urwüchsigen Wald, wie wir ihn schon von anderen Wanderungen kennen. Viele der am Boden liegenden Bäume wurden von Gefangenen der „Penal Institution“ geschlagen, die hier von 1904 – 1947 existierte. Gefangene mit guter Führung konnten sich so außerhalb des Gefängnisses ein kleines Einkommen verdienen. Täglich wurden 30 Kubikmeter Holz zum Beheizen des Gefängnisses, für Gebäude und Reparaturen benötigt. Erfolglos halten wir Ausschau nach einem Magallenic woodpecker, dem größten Specht Südamerikas. Von mehreren Miradors hat man eine beeindruckende Aussicht auf Ushuaia und den Beagle Kanal. Ein Skilift hat seine besten Zeiten hinter sich. Damit wird keiner mehr transportiert. Es geht an einer Sumpflandschaft vorbei, mit kleinen Seen und dazwischen roten niedrig wachsenden Polsterstauden. Im Hintergrund ist ein kleiner Gletscher zwischen der Bergkette sichtbar. Wir laufen über eine Langlaufpiste, auf die lustige Schilder in den Bäumen hinweisen, passieren auf dem Rückweg erneut ein Waldstück und gelangen über eine Asphaltstraße zurück in die Ortsmitte von Ushuaia und den Segelclub.
Bald treffen auch unsere Segelfreunde DINA HELENA und PIKAIA in Ushuaia ein und wir grillen zusammen mit allen hier versammelten Seglern aus der Whatsapp Gruppe im Clubhaus. Französische Boote sind in der Mehrzahl. Von den 18 Booten, die in der Gruppe sind, kommen sechs aus Frankreich, zwei aus den Niederlanden, jeweils ein Boot aus Schottland, Großbritannien, der Schweiz, Österreich, Neuseeland, Spanien, Argentinien und Brasilien. Aus Deutschland ist außer uns nur noch Peter mit der OKA unterwegs. Von Buenos Aires bis Ushuaia hatte er einen Freund an Bord. Seine Frau Petra ist zurück nach Deutschland geflogen. Bis Valdivia wird er von seinem Sohn begleitet. Petra werden wir in Chile wieder sehen. Ob alle Boote in diesem Jahr unten herum in den Pazifik gehen, wissen wir nicht.
Deutsche sind anscheinend eher mit dem Wohnmobil unterwegs, Franzosen mit dem Segelboot. Zwei Offroad-Wohnmobile aus Deutschland parken in unmittelbarer Nähe des Segelclubs. Marja und Henk haben noch mehr Wohnmobile aus Deutschland auf einem Parkplatz in Ushuaia gesehen. Der Steg füllt sich zunehmend und Roxanna hat alle Hände voll zu tun, um die Liegesituation zu organisieren. Wir nutzen ein gutes Wetterfenster, um mit bestem Segelwind wieder zurück nach Puerto Williams zu kommen. Das angesagte Genua 1-Wetter entpuppt sich bei 6 – 7 Bft als Genua 3-gerefft-Wetter und wir durchpflügen mit durchgängig um die 7 kn den Beagle Kanal.