Salvador da Bahia/Brasilien 5802 sm von Stavoren/NL
11.09. – 19.09.2018
Am Morgen des 11.9. quetscht Stefan unseren gut 100 kg schweren Koffer- und Taschenberg in seinen Corsa und fährt uns zum Düsseldorfer Flughafen. Gepäckaufgabe und Einchecken laufen problemlos ab und wir heben pünktlich, wieder mit dem Flieger der Air Europa, zu unserem ersten Zwischenstopp Madrid-Barajas ab. Im Internationalen Flughafen von Madrid ist der Weg bis zu unserem Abfluggate 29 nach Salvador nicht für Gehfaule und Menschen mit körperlichen Einschränkungen gemacht. Nach 15 Minuten, immerhin 5 Minuten schneller als auf der Hinweistafel angezeigt 😉 , erreichen wir Gate 29. Wir haben noch Zeit, beobachten sitzend die Schlange mit den ungeduldig Wartenden und stellen uns an, als die Schlange eine überschaubare Länge hat. Gate 28 nach Kuba ist sicherlich auch reizvoll, aber definitiv nicht unser Zielflughafen. Ein Blick nach links zum richtigen Gate führt zu einer sofortigen Pulsbeschleunigung! Gähnende Leere, keine Schlange mehr mit wartenden Menschen zu sehen. Nur die Ruhe bewahren! Einen letzten Aufruf gab es noch nicht und Flughafenpersonal steht auch noch am Gate. Nachdem wir erklären müssen, warum wir nur einen One-Way-Flug haben, in Brasilien definitiv kein Haus haben, sondern auf einem Boot leben, die Bootspapiere gecheckt werden und uns versichert wird, dass wir noch just in time sind, lassen wir uns als letzte Passagiere erleichtert in unsere Sitze fallen. Keine 10 Minuten später rollen wir Richtung Startbahn. Die letzte Hürde wird die Zollpassage in Salvador sein.
Aber da denken wir erstmal nicht dran und genießen den neunstündigen Flug, der mit dem üblichen knapp bemessenen und eingeschränkt schmackhaften Essen ohne Zwischenfälle verläuft.
Gegenüber Deutschland haben wir eine Zeitverschiebung von minus fünf Stunden und gewinnen dadurch Zeit. Wir kommen daher am gleichen Tag abends in Salvador an. Das Gepäckband läuft unzählige Male an uns vorbei, bevor wir unsere vier Gepäckstücke endlich unversehrt auf zwei Transportkarren hieven können. Wir rollen optimistisch durch die Türe mit dem grünen Hinweisschild „Nichts zu verzollen“ und ohne aufgehalten zu werden an den Zollbeamten vorbei 🙂 🙂 . Ivan nimmt uns wie vereinbart in Empfang und fährt uns zu dem gut 20 km entfernten Yachtclub Aratu.
Die Aloma wurde, um besser von der Vogelkacke befreit zu werden, von der Muring an einen schwimmenden Steg mit Wasseranschluss gezogen. Hier können wir für den Rest unseres Aufenthalts liegen bleiben 🙂 .
Unser Gepäck stellen wir in ein sauberes Cockpit. Im Boot ist alles so wie wir es verlassen haben. Dank der auf Lüftung gestellten vorderen Luken und die optimale Ausrichtung der Dorade-Lüfter, haben wir keinen Schimmel 🙂 . Für Nichtsegler: Ein Dorade-Lüfter wird zur Belüftung des Innenraums von Schiffen verwendet. Er ist so konstruiert, dass Frischluft aber kein Wasser ins Boot hineinkommt. Seinen Namen hat er von der 1930 gebauten Segelyacht Dorade, auf der er erstmalig zum Einsatz kam. Luftentfeuchter haben wir nicht aufgestellt. Alles Weitere werden wir morgen bei Tageslicht begutachten.
Bevor wir mit irgendwelchen Putz- und Räumungsaktionen starten, fahren wir am Folgetag erst einmal in das Einkaufscenter Bahia zu Lojas Americanas. Wir laden unsere VIVO-SIM-Karte mit 100 Reais auf. Völlig unerwartet funktioniert alles und wir können uns einen Besuch im VIVO-Laden um die Ecke sparen. Wir hatten uns wieder auf eine mehrstündige nervige Aktion eingestellt.
Heute ist Donnerstag, der 13.9. und wir starten frühmorgens mit dem Taxi nach Salvador, um den ganzen Behördenkram zu erledigen. Als erstes müssen wir uns bei der Receita Federal (Finanzministerium) zurückmelden, damit wir unser Boot wieder bewegen dürfen. Kurz nach 9 Uhr stehen wir am Empfangsthresen und zeigen, um unser Anliegen verständlich zu machen, das Abmeldeformular vor. Nach einer guten halben Stunde nimmt sich eine junge hübsche Brasilianerin unserer Sache an. Wurden die Abmeldeformalitäten vor drei Monaten von einer, sogar ein wenig englisch sprechenden Mitarbeiterin, erstaunlich schnell erledigt, sind wir heute an eine Mitarbeiterin geraten, die anscheinend nur gut aussieht. Nach 2,5 Stunden können wir endlich die Receita Federal mit einem Formular verlassen, auf dem uns ein erneuter Brasilienaufenthalt bis zum 10.12.2018 genehmigt wird. Es bleibt uns noch genau eine halbe Stunde für die Capitania dos Portos, von der wir uns einen Anmeldestempel für unseren Salvadoraufenthalt holen müssen. Wie gut, dass alles so dicht beieinanderliegt. In 15 Minuten ist dort alles erledigt.
Wir gehen im „Mercado Modelo“ etwas essen. Der Mercado ist ein Handelsmarkt und neben dem historischen Zentrum „Pelourinho“ mit dem Aufzug „“Lacerda Elevator“, eine der wichtigsten Touristenattraktionen in Salvador. Im unteren Bereich gibt es zahlreiche bunte Verkaufsstände, an denen man vielen unnützen Souvenierkram kaufen kann. Im Obergeschoss sind zwei Restaurants, an deren Eingang Damen in tradionellen Trachten um Gäste werben. Alles sehr touristisch, aber ein abendlicher Sundowner auf der Terrasse, mit schönem Blick auf die Marina, lässt sich hier prima genießen.
Um 14 Uhr sind wir mit Herrn Andrade, dem Agenten von der Import-Export-Firma, verabredet. In den vergangenen drei Monaten war es nicht einfach, von ihm verständliche Informationen darüber zu bekommen, was unsererseits noch zu erledigen ist, damit das Getriebe erfolgreich auf den Weg nach Brasilien gebracht werden kann. Wir sind gespannt, was es Neues gibt!
Herr Andrade empfängt uns freundlich und tiefenentspannt in seinem Büro. Die brasilianische Spedition in Sao Paulo bestätigt ihm am Telefon, dass alle erforderlichen Zollpapiere vorliegen und der Abholung unserer zwei Pakete bei Yachtzubehoer24 in Heiligenhafen nichts im Wege steht. Der Transport soll von Deutschland über Lissabon und dann direkt nach Salvador erfolgen.
Wir müssen dann gemeinsam mit ihm zum Flughafen fahren, um die Pakete in Empfang zu nehmen. Eine Zwischenlagerung erfolgt bei der Import-Export-Firma, solange bis der Zoll den Paketinhalt mit den Zollpapieren abgleicht und hoffentlich einen dicken Haken anbringt.
Vorher möchte der Zoll noch eine glaubhafte Bestätigung haben, dass das alte Getriebe auch wirklich einen Schaden hat. Wir könnten ja ansonsten auf die Idee kommen, es in Brasilien zu verhökern. Inwieweit Walters Visitenkarte von seiner Hochschultätigkeit ein ausreichender Kompetenznachweis ist und eine von ihm verfasste Bestätigung dem Zoll genügt, muss noch abgeklärt werden. Wir hatten mal kurzzeitig angedacht, dass alte Getriebe unserem Yanmarhändler zu überlassen. Ist nicht möglich! Der sicherste Weg, um jegliche Diskussionen zu vermeiden, ist ein Versand nach Deutschland.
Wieder zurück in Aratu begutachten wir die Restverschmutzungen auf der Aloma. Der Hochdruckreiniger hat gute Arbeit geleistet. Aber die von einem Segelmacher in Portugal genähten Navigationsabdeckungen, sowie die Abdeckung für die an Deck stehenden Spirituskanister, sind mit braunen Flecken übersäht, die ich nur mit einem Bleichmittel erfolgreich entfernt bekomme.
Die noch verbliebenen betonfesten Kackreste am Rumpf entfernt Walter in stundenlanger Arbeit mit grünem Stein (Tonerde), indem er die Aloma mit dem Schlauchboot umkreist. Die Folge ist eine völlig überlastete und tagelang krampfende Rückenmuskulatur. Ohne Ibuprofen geht nichts mehr. Die Koffer mit den Ersatzteilen bleiben erstmal ungeöffnet in einer Ecke stehen. Öffnen bedeutet Chaos im Boot und da haben wir momentan keine Lust drauf. Als wir jedoch in den von uns regelmäßig gelesenen Segelblog der Atanga schauen, etwas von einer Entnahmequittung lesen, die ihnen beim Öffnen des von Deutschland nach Ecuador transportierten Koffers entgegenflatterte, erfasst uns eine gewisse Unruhe, zumal es sich bei den entnommen Dingen nicht um Gefahrstoffe handelte. Ein Blick in die Koffer lässt uns aufatmen. Kein Zettel und alles noch da 🙂 .
Von der ordnungsgemäßen Abholung der Pakete bei Yachtzubehoer24 wollen wir uns selber überzeugen und bauen eine günstige Telefonverbindung über Skype auf. Herr Rathjen meldet sich völlig gestresst und beklagt, dass der deutsche Spediteur ihm das Ausfüllen der Zollerklärung und das Wiegen der Teile aufs Auge gedrückt hat. Er müsste nun alle Pakete wieder auspacken, Zollpapiere ausfüllen und zum Zoll fahren. Das war so nicht vereinbart. Nach Rücksprache mit Herrn Andrade und dem Teammanager der deutschen Spedition kann alles, wenn auch nicht sofort, geklärt werden. Das unsere Pakete nun erst mit tagelanger Verspätung in Salvador eintreffen werden, haben wir der mangelnden Kooperationsbereitschaft von Yachtzubehoer24 zu verdanken. Dort war man erst einmal nicht bereit, der deutschen Spedition die passenden Zollnummern zu den vier zu versendenden Teilen zu geben. Nur nach einem erneuten Telefongespräch, in dem Walter Herrn Rathjen nochmal unsere nicht gerade einfache Lage klarmacht, zeigt er sich bereit die Zollnummern herauszurücken. Wenn alles klappt, kommt unser Getriebe am 29.9. in Salvador an. Wir könnten es dann Anfang kommender Woche gemeinsam mit Herrn Andrade am Flughafen abholen. Die Getriebe-kaputt-Bestätigung für den Zoll darf Walter ausstellen 🙂 !
Wir bleiben acht Tage in Aratu, uns an die brasilianische Zeit anpassend, putzend, räumend und Walter stark rückenleidend. Die Küche bleibt in der Zeit kalt und wir gehen im Clubrestaurant und dem nahegelegenen Örtchen einfach, preiswert aber gut essen.
Am Mittwoch, 19.9. legen wir von unserem schwimmenden Steg in Aratu ab und tuckern mit vorsichtigen 1500 U/min in die 12 sm entfernte Stadtmarina Terminal Nautico, in der wir vor unserem Heimaturlaub sieben Wochen gelegen haben. Hier sind wir dann auch ganz in der Nähe von Herrn Andrade 🙂 .